Timber Foto: Ira Prettycloud |
Jos de Bruin macht sich Sorgen über die Zukunft Foto: Ira Prettycloud |
„Die Signale sind ähnlich, nur sind
sie bei Wölfen im Vergleich zu Hunden 'übertrieben'“, erklärt
Jos de Bruin. Er leitet seit fast 20 Jahren eine Auffangstation für
Wölfe der verschiedenen Arten. Auch die sehr wolfähnliche
Hunderassen wie Saarloos und Amerikanische Wolfhunde nimmt er bei sich in Wolves Unlimited (die Facebook-Seite findet ihr hier) auf.
„Mit Saarloos, dieser recht ursprünglichen Rasse, habe ich damals ja
angefangen“, erinnert er sich. Meist kommen die Tiere aus Zoos und
Zirkus, deren bestand zu groß geworden ist. „Nicht selten melden
die sich selber bei mir, das ist dann ganz unproblematisch.“ Doch
das ist nicht immer so, denn manche wollen ihre Wölfe nicht
rausgeben, schließlich verdienen sie damit Geld. Das gilt vor allem
für Jungtiere: Die wollen die nicht immer jung abgeben, weil die
Babys Geld einbringen.“ Und was macht er, wenn es Probleme gibt mit
den Haltern? „Da arbeite ich dann auch mit Tierschützern und
Veterinärämtern zusammen“, erklärt Jos.
Nase an Nase mit Kiba Foto: Ira Prettycloud |
Ich bin kein
Wolfsexperte so wie Jos, dennoch würde ich die Kommunikation anders
bezeichnen. Nicht „übertrieben“, eher kommt sie mir
„ungeschliffener“ und „überdeutlich“ vor. Eigentlich auch
logisch, denn in seiner Entwicklung an der Seite von Menschen
brauchte der Hund das nicht – wir 2-Beiner haben viele dieser
Signale ja eh nicht oder falsch verstanden.
Mit dem kleinen Kiba und Kayleigh im "Wolfs-Schnüffel-Interview" ;-) Foto: Ira Prettycloud |
Im Laufe seiner
Koevolution mit dem Menschen haben Hunde daher viel ihrer
Ursprünglichkeit verloren, meint Jos. „Dennoch kann man noch viel
von Wölfen und ihrem Verhalten lernen“, betont er, „gerade weil
vieles deutlicher ist, als bei den domestizierten Hunden.“ Er
vergleicht es ein wenig mit der Primatenforschung: „Wir haben auch
nicht mehr viel mit Affen gemeinsam und dennoch aus der Forschung mit
ihnen viel über uns selber erfahren.“
Im Blick von Kayleigh Foto: Ira Prettycloud |
Im Gespräch mit Jos de Bruin Foto: Ira Prettycloud |
Derzeit beobachtet
der Wolfsexperte einen Trend, der ihm Sorgen macht: „Es gibt ein
'Zurück-zur-Natur', was ich ja ganz gut finde. Doch einigen reicht
der Hund als Verbindung zur Natur nicht, wegen seiner
Ursprünglichkeit, ist es derzeit Mode Wolfshybriden anzuschaffen –
ohne das nötige Wissen dafür.“ Dabei ist ein Wolf noch viel mehr
ein Wildtier, hat er doch keine Domestikation durchgemacht wie unser
Haushund. Außerdem wird auch viel Mist erzählt in dem Zusammenhang
– meist aus Profilierungssucht: „So mancher erzählt gern, sein
Wolfshybrid hat 80 oder 90 Prozent Wolfsgene, in Wahrheit sind es
aber nur 50 oder 60 Prozent. Wer das mitbekommt, denkt sich, dass der
ja noch sehr „hundemäßig“ ist. Und wenn er sich dann selber auf
der Basis des erlebten einen anschafft und an einen Händler gerät,
der nicht angibt, dann bekommt er einen, der wirklich 80 oder mehr
Prozent Wolfsgene hat – dann ist das Geschrei um die
vorprogrammierten Probleme groß.“ Nicht selten wird Jos auch zu
solchen Fällen gerufen. "Und es werden immer mehr. Diese Mode ist schlimm, denn Auffangstationen wie meine können nicht alle aufnehmen."
Timber im Gehege Foto: Ira Prettycloud |
Kayleigh hält ein Nickerchen Foto: Ira Prettycloud |
Wieder auswildern kann er die Wölfe
und Wolfshybriden jedoch nicht. „Die haben die natürliche Scheu
von Wölfen nicht mehr. Von daher würden sie anders als Wölfe bei
einer Gefahrensituation auch nicht weglaufen und so auch zu einer
Gefahr für Menschen werden.“ Aber was geschieht dann mit ihnen?
Häufig vermittelt sie Jos in Zoos, deren Bestand noch klein ist oder
die frisches Blut für ihr Rudel brauchen. Finanziert wird das ganze
durch Spenden und Workshops. Mit letzteren leistet Jos neben der
praktischen Hilfsarbeit auch die theoretische Aufklärungsarbeit.
„Beides ist wichtig um das Wesen des Wolfes zu verstehen!“
Auf "Tuchfühlung" bzw. "Fellfühlung" mit einem Wolf im Gehege Foto: Ira Prettycloud |
Mit Jos de Bruin im Wolfsgehege Foto: Ira Prettycloud |
Schon
während des Gesprächs leisteten uns 2 Wölfe Gesellschaft, der junge Kiba und Kayleigh.
Doch danach ging es in eines der Gehege. Darin waren 4 ausgewachsene
Wölfe und Wolfshybriden. Es war zwar nicht das 1. Mal, dass ich
diesen Wildtieren, den Vorfahren unseres ältesten Freundes,
begegnete... ABER: Noch nie war ich ihnen so nah, so ganz ohne
Abgrenzung, im wahrsten Sinne des Wortes gegenseitig auf die Pelle
gerückt. Und zum 1. Mal berührte ich diese wunderbaren Tiere. Diese
Kraft, diese Purheit. Irgendwie wirkten sie fast mager, alles nur
Muskeln und Sehnen, kein Gramm zu viel, nichts Unnötiges...eben
keinen zivilisatorischen Ballast. Es war für mich ein mehr als nur
beeindruckendes Erlebnis diesen Tieren so nah zu sein und ihre
Reaktionen auf mich zu beobachten. Jeder zeigte da seinene Individuellen Charakter: Während mich Timber erst argwöhnisch beobachtete und dann sich ganz vorsichtig zum schnuppern näherte, waren andere dagegen aufgeschlossener.
Sicher, diese Wolfsartigen haben mit unserem Haushund vielleicht nicht mehr viel gemeinsam. Aber am ehesten vergleichbar ist es, als wenn wir Menschen in das Gesicht eines Gorillas oder Orang-Utan blicken...ein Blick in die Vergangenheit, zurück zu unseren natürlichen Wurzeln. Und hier waren es eben die Wurzeln unsere ältesten Freunde: der Hunde.
Sicher, diese Wolfsartigen haben mit unserem Haushund vielleicht nicht mehr viel gemeinsam. Aber am ehesten vergleichbar ist es, als wenn wir Menschen in das Gesicht eines Gorillas oder Orang-Utan blicken...ein Blick in die Vergangenheit, zurück zu unseren natürlichen Wurzeln. Und hier waren es eben die Wurzeln unsere ältesten Freunde: der Hunde.
Auch Fotografin Ira Prettycloud freundet sich mit den Wölfen an |
Wolfsmäßige Verabschiedung durch Kiba :-) Foto: Ira Prettycloud |
Auch Stunden später fand Rico alles schnüffelspannend :-) Foto: Ira Prettycloud |
Leider durfte
Rico nicht mit. Denn seine Nähe hätte die Wölfe sicher irritiert.
Aber bei der Verabschiedung konnte ich beobachten, wie er auf Jos
reagierte: Mit äußerster Neugier. Seine Nasenflügel vibrierten,
die Ohren zeigten nach vorne. Es war wohl das Dufttreffen mit seinen
Vorfahren. Auch später roch er immer wieder an mir, jede Riechinfo
schien ihn zu interessieren, ja mehr noch, beinahe zu bannen. Begriff
er, dass es seine Vorfahren waren? Wohl kaum. Jedenfalls nicht so
kognitiv wie wir Menschen. Sicher nahm er eine gewisse Ähnlichkeit
wahr, aber auch das viele Fremde, das Wilde daran. Auf jeden Fall
reagierte er anders als sonst bei ihm fremden Tieren. So war es für
uns gemeinsam ein mehr als interessantes Erlebnis – für mich ganz
direkt und mehr über die Augen, für Rico eher indirekt und
schnüffelspannend.
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