Mittwoch, 30. Juni 2021

Hunde sind so wunderbar unideologisch

Daran sollten sich viele Menschen ein Beispiel nehmen!


Clash of Ideology – ob auf Hundeplätzen, der Straße oder im Wald – trifft man fanatische Ideologen. Statt den Hund als Lebewesen in den Mittelpunkt zu stellen, ist für sie der (Macht-)Kampf um ihre Ideologie wichtiger. Auf ihrem ideologischen Altar opfern sie – darunter nicht wenige „Hundeprofis“ – dabei das Wohlergehen unserer caniden Freunde. Wie wohltuend unideologisch ist doch da der Umgang von Hunden untereinander.

Egal ob beim Gassi in der Stadt, im Wald oder bei den virtuellen Runden in den Sozialen Medien: Irgend einen Anhänger der verschiedensten (Hunde-)Ideologien trifft man (leider) immer – egal ob es sich um einen Befürworter von Halsbändern oder von Geschirren, von an Bestechung grenzenden Leckerli-Verteilern oder rhythmischen Klickern handelt, ob um Barfer oder Fertigfütterer. Auch allgemeine Kastrations-Befürworter und -Gegner trifft man. Sie alle haben eines gemeinsam: ideologischen Fanatismus. Auf dem Altar ihrer an religiösen Fanatismus grenzenden Ideologie opfern sie Logik und Vernunft, für Sachargumente oder wissenschaftliche Ergebnisse sind sie in etwa so zugänglich wie ein Backstein.

An deren Geltungs- und Machtsucht hätte der Schüler Sigmund Freuds und Begründer der Individualpsychologie Alfred Adler sicher seine helle (wissenschaftliche) Freude. Für mich sind diese Profilneurosen mehr als unverständlich. So lernte ich schon auf dem Gymnasium die so genannte Ideologiekritik, welche während meines Studiums der Geschichte und der Medienwissenschaft noch ihren methodischen Feinschliff bekam. Zugegeben, ich entwickelte in der Zeit sogar eine gewisse Ideologie-­Allergie. Aber es bedarf gar nicht des Besuchs einer Universität, schon die ­Beobachtung unserer Hunde reicht aus, um solche Ideologien kritisch zu sehen. Ein Beispiel: Meinem Döggelchen Rico ist es völlig egal, ob der Hund, der ihm gerade begegnet, ein Geschirr trägt oder ein Halsband, ob er gebarft wird oder nicht. Für Rico stehen ganz andere ­Fragen im Vordergrund: Ist er sozialisiert? Kann ich mit ihm spielen? Selbst bei Kastraten ist er recht tolerant und spielt mit ihnen, und das obwohl dieser Eingriff die Biologie so stark verändert, dass sie „anders“ riechen und daher auch oft von anderen Hunden gemobbt werden – aber diese Reaktion ist dann auch nicht ideologisch, sondern ­biologisch.

Wir sollten viel mehr die "Hunde-Ideologie" lernen, als unsere menschlichen Ideologien auf die Hunde zu übertragen!
Foto: Lutz Borger

Kurz gesagt: Für unsere Fellfreunde zählt der Charakter. Ideologie spielt bei Hundebegegnungen nicht mal eine ­untergeordnete Rolle, sie spielt nämlich gar keine. Auch in dieser Hinsicht ­können sich Halter und Hundetrainer ein Beispiel an unseren ältesten Freunden nehmen! Für unsere caniden Freunde zählt nur, ob es passt oder nicht – ganz frei von menschlicher Ideologie und Geltungsdrang. Während Menschen einen schon abwerten, wenn man nicht die richtige „Mode“ trägt, spielen Hunde mit Halsband ganz selbstverständlich mit denen mit Geschirr, die ­gebarften Hunde mit denen, die Fertigfutter bekommen etc.

Es mag auch daran liegen, dass Hunde keine (menschlichen) Minderwertigkeitskomplexe haben – ganz anders als bei vielen Menschen am anderen Ende der Leine. Sicher, auch unseren Fellfreunden ist „Status“ wichtig, aber in einem ganz anderen Zusammenhang. Einen Therapeuten brauchen sie dafür jedenfalls nicht, anders als bei vielen Menschen mit Geltungssucht. Schade ist dabei nur, dass das Wesentliche, der Hund, dabei auf der Strecke bleibt. Wichtiger als ihr canider Lebenspartner ist vielen Menschen ihre Profilierung.

Hund und Mensch sind ein Team - und keine ideologische Partei!
Foto: Lutz Borger

Keine Ahnung wie es Euch so geht, aber ich freue mich jedes Mal, wenn das Döggelchen einen passenden Spielkameraden gefunden hat. Ich berausche mich geradezu an ihrem Spiel – und dabei ist es mir völlig egal, ob der Hund ein Halsband oder Geschirr trägt oder was er am Vormittag im Napf hatte (das weiß Rico dank seiner Nase eh besser als ich, scheint aber kein wichtiges Auswahlkriterium für eine Freundschaft für ihn zu sein). Doch wenn der Halter mir mit irgendeiner Ideologie kommt, am besten noch fern von Logik und Vernunft, dann entwickle ich eine gewisse Antipathie gegen ihn (nicht gegen den Hund! Der kann ja nichts dafür) – fast wie ein ­psychischer Reflex. Nicht selten habe ich dann auch Mitleid mit dem anderen Hund, muss er doch die Ideologie ­ertragen, anstatt die Vernunft und Liebe zu genießen.


Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 06/2018; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Eure 2-Beiner- Ideologien sind uns Hunden völlig egal - also projiziert sie nicht auf uns!


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