Samstag, 18. November 2017

[Gastbeitrag] Nadine Wolf räumt mit BARF Mythen auf!

Die Buchautorin und Bloggerin (Der BARF-Blog; Facebook-Seite Der BARF-Blog) Nadine Wolf kennt sich mit BARF aus! Die artgerechte Ernährung unserer 4-Beiner ist für sie mehr als ein Job, es ist auch ihre Leidenschaft. Ob als Autorin, Bloggerin, Kolumnistin, Dozentin oder auch Tierheilpraktikerin, alles dreht sich bei ihr um Hunde und deren Gesundheit. Schon einige interessante Telefonate haben wir geführt und dabei nicht nur über die Ernährung gesprochen. Vor Kurzem lernten wir sie dann auch mal persönlich kennen und der sympathische Eindruck vom Telefon bestätigte sich noch. Daher freuen wir uns sehr, dass sie hier in unserem Blog einen Gastbeitrag zu dem Thema BARF beisteuert und mit ein paar Mythen aufräumt.

Als Rico Nadine auch real beschnuppern konnte, beanspruchten die Fleischbällchen auf der Tiefkühltruhe seine Aufmerksamkeit. 😃


2 BARF-Mythen

von Nadine Wolf

Um das Thema BARF kursiert eine ganze Reihe von Mythen, die Ängste schüren und Einsteiger verunsichern. Natürlich birgt auch BARF gewisse Risiken, aber so manche negative Darstellung zum Thema gehört schlichtweg ins Reich der Märchen. Davon sollte man sich als BARF-Interessent nicht zu sehr beeindrucken lassen.

Nadine mit ihrem "Puppenmann"
Foto: Der BARF-Blog

 

BARF liefert zu viel Eiweiß

Das Vorurteil, BARF sei zu eiweißreich und damit schädlich für den Hund, hält sich hartnäckig. Die Frage, die sich zunächst stellt, ist, warum eine überhöhte Eiweißaufnahme überhaupt problematisch sein könnte. Denn Organschädigungen aufgrund einer langfristigen Überversorgung konnten bisher nicht nachgewiesen werden, ein Zuviel gibt es also eigentlich nicht. Unabhängig davon sollte aber geklärt werden, wie viel Eiweiß ein Hund überhaupt benötigt und wie viel mit BARF tatsächlich aufgenommen wird. Ein ausgewachsener 30 kg schwerer Hund, der normal aktiv ist, benötigt 64 g verdauliches Eiweiß am Tag. Dieser Hund bekäme mit BARF etwa 600 g Futter am Tag, darin im Durchschnitt enthalten 240 g durchwachsenes Fleisch, 100 g Pansen, je 70 g Innereien und fleischige Knochen, 120 g Obst und Gemüse sowie ein paar Zusätze. Diese Mischung liefert etwa 87 g Protein, respektive ca. 70 g verdauliches Eiweiß am Tag, deckt also gerade den Bedarf des Hundes. Bekäme der gleiche Hund etwa 360 g Trockenfutter einer bekannten Tierarztmarke mit 26 % Protein, wären es 94 g Eiweiß. Wie die Berechnung zeigt, ist die Zufuhr bei beiden Rationen etwa gleich, BARF liefert sogar etwas weniger Eiweiß als das Trockenfutter. Die Behauptung, BARF würde im Gegensatz zum Fertigfutter zu viel Eiweiß liefern, trifft also überhaupt nicht zu. Bei konzeptloser Rohfütterung mag das anders aussehen, nicht aber bei BARF. Erfolgt die Orientierung am Beutetier, so werden neben anderen Komponenten beispielsweise auch automatisch ausreichende Mengen an Fett zugeführt, um eben nicht Unmengen an Fleisch verfüttern zu müssen. Das senkt automatisch den Eiweißgehalt in der Nahrung. Ergo: Dass BARF zu viel Eiweiß liefern soll, ist ein Mythos ohne Wahrheitsgehalt.

Eine beispielhafte BARF-Ration
Foto: Der BARF-Blog

 

Die Orientierung am Wolf macht keinen Sinn

Es wird oft angeführt, dass die Orientierung am Wolf völliger Unfug wäre, weil der Hund ja nun einmal kein Wolf sei und völlig anders leben würde. Das ist richtig, aber es ist eindeutig belegt, dass sich das Verdauungssystem von Hunden im Laufe der Domestikation fast gar nicht verändert hat. Hunde und Wölfe sind derart nah miteinander verwandt, dass diese Spezies sogar so miteinander verpaart werden können, dass zeugungsfähige Nachkommen entstehen. Das ist beispielsweise bei Pferden und Eseln nicht möglich, denn die entstehenden Hybriden sind fast immer unfruchtbar. Und niemand würde auf die Idee kommen, diese beiden Tierarten grundlegend anders zu ernähren. Es gibt natürlich Unterschiede, aber sie sind nicht eklatant wie die Kluft zwischen Beutetier und trockenen Pellets mit 50 % (und mehr) Getreideanteil. Warum also einen Hund so grundlegend anders ernähren als seinen biologischen Vorfahren? Das macht keinen Sinn!

Bayo mit Knochen
Foto: Der BARF-Blog

Als weiteres Argument gegen die Orientierung einer Fütterungsmethode für Hunde an jener von Wölfen wird die Tatsache angeführt, dass diese in Freiheit ohnehin nur 4–5 Jahre alt werden. Das würde eindeutig zeigen, dass deren Ernährung nicht auf eine lange Lebensdauer ausgerichtet sei. Bei dieser Begründung wird jedoch verschwiegen, warum Wölfe in Freiheit nicht besonders alt werden. Die meisten Wölfe sterben durch Menschenhand frühzeitig: Sehr viele Tiere werden überfahren, erschossen oder vergiftet. Weitere sterben an Infektionen oder verhungern. In Gefangenschaft werden Wölfe durchaus 13–17 Jahre alt. In Zoos und Wildgehegen ernähren sie sich ebenfalls wie ihre wilden Artgenossen von Beutetieren, sind aber vor anderen Risiken geschützt und werden medizinisch versorgt, wenn sie krank werden. Nicht die Art der Fütterung bedingt also die geringe Lebenserwartung der Tiere in Freiheit, sondern die übrigen Lebensumstände.

Hat man dieses Argument entkräftet, wird dann auch noch bemängelt, dass BARF für Hunde nicht bedarfsdeckend sei, die Beutetierfütterung für Wölfe hingegen schon, weil diese schließlich täglich 10 kg fressen würden. Erst durch diese hohen Mengen wäre die Bedarfsdeckung gewährleistet - logisch, denn je mehr Futter, desto mehr Nährstoffe. Hunde hingegen bekämen mit BARF wesentlich weniger Futter: Ein Hund in Wolfsgröße nur etwa 1 kg pro Tag. Da haben wir sie, die Äpfel und die Birnen. Ein Wolf in Freiheit ist nicht mit einem Wohnungshund zu vergleichen. Hier muss wieder der Wolf in Gefangenschaft herangezogen werden, denn der Energieverbrauch im Tierparkgehege entspricht eher dem des Haushundes. Und siehe da: In Tierparks fressen die Wölfe im Schnitt 5-mal pro Woche etwa 1-2 kg Futter pro Tier. Das entspricht ungefähr der Menge, die ein Hund dieser Größe mit BARF bekommen würde, wenn auch er zwei Tage pro Woche fasten müsste. Auch bei diesen Argumenten wird klar, dass sie sich als Mythen entpuppen, wenn man sie hinterfragt.





Nadine mit ihren Hunden
Foto: Der BARF-Blog
Da haben wir wieder was dazugelernt: BARF ist gar nicht so kompliziert wie viele glauben. Und wie so oft im Leben, kommt es auf die Ausgewogenheit an. Das Döggelchen Rico wird ja "Mischgefüttert"; das heißt, dass er sowohl Fertigfutter bekommt, aber auch rohes Fleisch und auch Küchenreste. Von Nadine wissen wir, dass das schon sehr abwechlungsreich und ausgewogen ist. Vielen Dank Nadine für deinen informativen Beitrag in unserem Blog, der mit ein paar Mythen aufräumt!


Freitag, 10. November 2017

Im Riechen sind Hunde den Menschen mehr als nur eine Nasenlänge voraus

🐶 Also manchmal spinnt mein menschliches Cerebral-Interface Maximilian ja schon! Wenngleich auch recht niedlich... Versucht er doch glatt mit seinen eingeschränkten Sinnen sich in meine Wahrnehmungswelt einzuklinken. Dafür hat er sich den "Odorisationsblick" ausgedacht (das beschreibt er euch ja in unserer aktuellen Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin). Als ob er mit seinen Augen „sehen“ könnte, was ich als Hund so rieche. *frechwedel* Das klappt natürlich nicht so ganz. Schließlich nehmen Augen Lichtwellen wahr und nicht Geruchspartikel. Seine Nase ist aber dafür im Vergleich zu der von uns Hunden zu "unsensibel" (ihr Menschen habt ja nicht mal genug Wörter für alle Gerüche, die ihr so wahrnehmt, geschweige denn was wir so alles erschnüffeln können). Daher muss er es mit anderen Sinnen kombinieren, um wenigstens eine ganz grobe Ahnung zu bekommen: So beispielsweise mit seinem haptischen Sinnen, um die Windrichtung zu erkennen; aber auch sein Wissen wie sich Geruchspartikel verhalten (übrigens: durch Rauchbomben könnt ihr das recht gut sichtbar machen), fließt da mit ein. Und nicht zuletzt die Beobachtung meiner Körpersprache!

🐶 Wir Hunde können mehr riechen, als ihr 2-Beiner sehen könnt!

Aber er muss auf solche Hilfsmittel ausweichen, denn bei uns Hunden ist der Bereich des Gehirns welcher für die Verarbeitung zuständig ist walnussgroß (ca. 7000 mm², und umfasst 1/8 unseres gesamten Gehirns); und somit wesentlich grösser als beim Menschen (ca. 500 mm², also etwa erbsengroß), wodurch das Wahrgenommene weiter differenziert werden kann. Riechtechnisch hat es die Evolution also nicht ganz so gut gemeint bei euch felllosen Primaten. *frechwedel*

Anders als wir, seid ihr halt keine Makrosmatiker (griechisch für „Großriecher“). Da ihr eher die visuelle Wahrnehmung verwendet gehört ihr 2-Beiner zu den Mikrosmatikern (griechisch für „Kleinriecher“). Ihr müsst euch aber deswegen nicht klein fühlen. Mit etwas bildlicher Vorstellungskraft ( = Imagination), Einfühlungsvermögen ( = Empathie) und Wissen könnt ihr das zwar nicht ganz ausgleichen, aber es hilft euch nicht nur Situationenn vorausschauned zu erkennen, sondern auch uns Hunde besser zu verstehen. *freuwedel* Denn schließlich will man ja auch das verstehen, was man liebt. *kopfschrägohrennachvorn*


Interessante Links zum Thema:


PS: Dies ist der ergänzende Beitrag zu unserer Kolumne im Hundemagazin WUFF (12/2017) "Ein Blick in den Mikro-Kosmos der Geruchspartikel"