Mittwoch, 23. Dezember 2020

Ein Blick in den Mikro-­Kosmos der Geruchspartikel

Die Geruchswelt der Hunde bleibt uns Menschen ein Geheimnis. Dabei ist sie der Schlüssel zu ihrer Wahrnehmung. Es lohnt also mal , sich hineinzuversetzen und den Blick auf Geruchsquellen zu richten.
 
Alles verschwimmt vor meinen Augen. Nur unscharf erkenne ich Konturen. Voll konzentriert, schiebt sich vor mein geistiges Auge eine Schablone, ähnlich einer Sonnenbrille – oder in diesem Fall besser – eine geistige „Geruchsbrille“.
 
Nase an Nase - es gibt immer was Spannendes zu erschnüffeln!
 
Kennen Sie schon „Odorisation“? Nein!? Nun, das ist keine Schande, denn so nenne ich ein neues Spiel (aus Odor = lat. für Geruch und Imagination = psychische Fähigkeit, Bilder im Geiste zu entwickeln und diese mit dem inneren geistigen Auge anschaulich wahrzunehmen). Ich ersann es nach meinem Besuch beim SHZ Suchhundezentrum in der Schweiz, wo ich vor allem sehr viel über die Verteilung von Geruchspartikeln gelernt habe: Ich verstelle meinen Augenfokus, schon um von den visuellen Reizen nicht ganz abgelenkt zu sein; außerdem hat durch die Unschärfe ja alles eine gewisse Aura, die in diesem Fall quasi die intensive Geruchsaura darstellt. Bevor einer meckert: ja, der Vergleich hinkt, aber ich kann nichts dafür, dass unsere Menschensinne nicht identisch mit dem unserer Hunde sind – daher verwende ich auch mal „hinkende“ Hilfsmittel, um mich in sie hineinzuversetzen (wie sehr mich die Geruchswelt der Hunde fasziniert, hatte ich ja bereits in unserer Kolumne in WUFF 01/2017 erzählt).
 
Mit diesem verschwommenen (und auch leicht glasigen) Blick laufe ich nun Gassi, das Döggelchen Rico schlendert entspannt neben mir – die Nase am Boden. Seine Körperachse verrät mir schon, in welche Richtung die Spur geht. Ich konzentriere mich auf die bereits erwähnte gedankliche „Schablone“, nutze die Technik der Imagination und versuche alle möglichen Gerüche schon im Vorfeld mir zu visualisieren (ich muss den Umweg über die Augen machen, mein Riechzentrum ist ja ausgebreitet nur so groß wie eine Briefmarke, seines hingegen wie ein DIN A 4 Blatt). Da ist ein Mülleimer, voller verlockender Gerüche, teils schon verdorbene Speisen (für Hunde ja oft eine Leckerei), kleinste Restpartikel vom Inhalt haften auch noch an Verpackungen … Will er dahin? Da erblicken meine auf Odorisation gestellte Augen (verschwommen) den Baum, am unteren Ende ein dunkler Fleck; hier hat wohl jemand markiert. Der Wind kommt leicht von der Seite … DAS ist sicher sein Ziel, denke ich. Zur Überprüfung blicke ich auf Rico: In der Tat ist seine Körperachse direkt auf den Baum gerichtet, nur minimal, denn der Mülleimer steht keine zwei Meter neben dem Baum.
 
Um zu VERSTEHEN, muss man sich in den anderen HINEINVERETZEN!

Für uns zwar unsichtbar, aber die Welt ist voller Partikel, genauer gesagt Geruchspartikel. Unsere Sprache hat nicht einmal genug Begriffe, um alle Geruchsvarianten differenziert zu benennen. Wir Menschen nehmen nur einen Bruchteil davon wahr: So hat geruchstechnisch der Wahrnehmungsraum eines Hundes in etwa die Größe einer Lagerhalle, wir felllosen Primaten kommen da gerade auf die Größe eines Schuhkartons. Und dieser Mikrokosmos funktioniert nach seinen eigenen Regeln, weiß Kerstin Hennings, Leiterin des SHZ Suchhundezentrums: „Lebewesen hinterlassen klebende und schwebende Spuren, bestehend eben aus schweren und leichteren Partikeln. Man muss sich diese wie Cornflakes vorstellen. Sie werden beeinflusst von Temperaturschwankungen, Wind, Regen und Sonne, sowie so genanntem Mikro-Klima, wie es durch die Umgebung entsteht – z.B. kleine Luftverwirbelungen in zugigen Ecken oder Ähnliches.“
 
Sicher, mein Odorisations-Blick kann es nicht wirklich mit einer Hundenase aufnehmen. Seine Differenziertheit kann er gar nicht erreichen. Und schon bei Gerüchen, die nicht auf sichtbaren Dingen haften, findet er seine ­Grenzen, so beispielsweise im Sand. Oder auch, wenn zu viele sichtbare Sachen vorhanden sind, wie dichtes Gebüsch und Blätterwerk im Wald. Oder aber gerade jetzt zur Weihnachtszeit, mit all ihren typischen Düften, von Bratwürsten, Glühwein, gebrannten Mandeln und Gebäck. Umso mehr sollten wir Menschen Respekt haben, dass unsere Hunde selbst in so einer Duft-Disco eine aufgenommene Spur verfolgen können – trotz Geruchs-Cocktails, Aroma-Stroboskopen, Stinke-Spots und verlockender Odor-Orgel.
 
Gemeinsam mit unterschiedlichen Sinnen die Welt erkunden...
 
Dennoch finde ich, kann der Odorisations-Blick es fast mit dem Röntgen­blick aufnehmen. Vor allem im Zusammenspiel mit dem Lesen der ­Körpersprache. Nicht selten erkenne ich an den Körper­signalen von Rico, dass uns um die Ecke ein anderer Hund entgegen kommt. Auf jeden Fall hilft er mir vorausschauend schon das ein oder andere Interessante für meinen Hund zu erkennen. Aber auf jeden Fall hilft es mir auch, mich mehr in ihn hinein zu versetzen und ihn zu verstehen. Dafür nehme ich dann auch in Kauf, dass ich über die ein oder andere Wurzel ­stolpere, weil mein Odorisations-Blick wieder in weite Ferne schweift und ich nicht erkenne, was vor meinen Füßen liegt.
 
PS: Falls Sie es selber ausprobieren wollen, wundern Sie sich nicht über die Passanten, die Sie dann anstarren – es liegt an Ihrem glasigen Blick …
 
 
Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 12/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Im Riechen sind Hunde den Menschen mehr als eine Nasenlänge voraus


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Mittwoch, 16. Dezember 2020

Über unseriösen Tierschutz und wie ihr das erkennen könnt

Tierschutz ist nicht gleich Tierschutz!

Immer wieder flimmern irgendwelche Spendenaufrufe von Tierschutzvereinen über den Bildschirm - vor allem vor Weihnachten. Meist hoch emotionalisiert, mit teilweise schockierenden Bildern. In der Tat gibt es viele Tiere, die Hilfe brauchen und die Vereine sind auf Spenden angewiesen. Aber leider gibt es auch viele Schwarze Schafe, die die Tierliebe ausnutzen, um die eigenen Taschen zu füllen. Doch wie erkennt ihr die seriösen und trennt sie von den unseriösen Tierschützern?

 

Das Döggelchen Rico stammt aus dem Tierschutz: Er war eine Beschlagnahmung durch den Amtsveterinär, weil er seine ersten 11 Lebenswochen nur in einem völlig verdreckten Keller verbrachte...
 

Gemeinnützigkeit statt Gewinnabsicht

Da wäre zunächst die Gemeinnützigkeit. Die kann ein Verein beantragen und wenn er gewisse Bedingungen erfüllt, bekommt er die zugesprochen. Ist für Vereine eine tolle Sache, denn dadurch sparen sie Steuern - dürfen aber auch keine Gewinne erwirtschaften. Ist ja auch logisch: Bei einer Gewinnorientierung handelt es sich um ein Unternehmen. Dabei ist das Kürzel "e.V." kein "Gütesiegel", denn es bedeutet nur, dass es eben ein eingetragener Verein ist, eine Gemeinnützigkeit ist damit nicht automatisch gegeben. 

Hier mal ein "skurriles" Beispiel: Ein Tierschutzverein, der auf Facebook sehr umtriebig ist, ruft immer wieder zu Spenden auf. Angeblich für Tierschutzprojekte in Osteuropa. Immer wieder werden herzzerreißende Fotos gepostet und der "Erfolg" mit Fotos angezeigt. Doch schaut man sich diese Fotos mal genauer an, fällt etwas auf: Oft wird nur eine Bretterwand an anderer Stelle aufgestellt oder ein Metallzaun verschoben, damit es anders aussieht als die zuvor geposteten Fotos. Offenbar fiel dem Finanzamt anhand der Rechenschaftsberichte irgendwas auf, so dass sie diesem Verein dann die Gemeinnützigkeit aberkannten. Und was macht der Verein? Obwohl er die Steuervorteile verloren hat (und somit das Geld weniger den Tieren zu Gute kommt), lässt er sich von seinen "Jüngern" feiern, weil man ja jetzt mit weniger Auflagen den Tieren helfen könnte. Ja ne, ist klar...also wer auf den platten PR-Trickversuch hereinfällt, lässt sich wohl jeden Bären aufbinden.

Transparenz schafft Vertrauen

Sie ist ein starkes Indiz für die Seriosität des Tierschutzvereins: Transparenz. Da es sich ja um einen Verein handelt und nicht um eine Privatperson, zieht das Argument der "Privatsphäre" nicht - es sei denn, man will was verheimlichen. Hier solltet ihr euch mal die Satzung anschauen, denn da steht schon mal grob drin, was der Verein macht und wofür die Gelder ausgegeben werden sollen. Noch konkreter ist der Rechenschaftsbericht, denn er zeigt wohin die Gelder im jeweiligen Jahr tatsächlich geflossen ist (den müssen Vereine erstellen, damit sie die Gemeinnützigkeit beibehalten können) - der Vorstand legt damit vor seinen Mitgliedern Rechenschaft ab. Beides müssen sie aber ihren Mitgliedern zukommen lassen (und wenn es Änderungen gibt, dann müssen sie ihre Mitgleider darüber informieren). Die meisten seriösen Vereine veröffentlichen daher Satzung und Rechenschaftsbericht auf ihren Webseiten. Sie sind dazu gesetzlich nicht verpflichtet, aber das bietet für sie viele Vorteile: Weniger Papierverbrauch und Portokosten, weniger Organisation etc. Und diesen Vereinen ist halt auch bewusst, dass sie mit Transparenz eben Vertrauen schaffen.

So sehen das auch unsere Leser: Bei einer Umfrage gaben 99% an, dass mangelnde Transparenz sie stutzig, ja misstrauisch macht.

Eure Meinung ist gefragt! #Transparenz schafft Vertrauen: So mancher #Tierschutzverein macht aus seiner Satzung ein...

Gepostet von Gassireport am Donnerstag, 7. November 2019

Doch auch bei solchen Vereinen, die weder Satzung, noch Rechenschaftsbericht veröffentlichen, könnt ihr sie einsehen, denn Vereine sind verpflichtet sie bei den zuständigen Behörden einzureichen: Im Vereinsregister (leider aber nicht kostenlos, aber es ist auch nicht sehr teuer).

"Verschleierungstechniken" von Tierschützern

Auch hier gibt es prominente Beipsiele: So existiert ein Tierschutzverein, der weder Satzung, noch Rechenschaftsberichte veröffentlicht - ja mehr noch: Denn sie haben gar keine Webseite. Das alleine ist schon seltsam, denn ein Verein hat ja ein berechtigtes Interesse daran, möglichst viele Leute zu erreichen. ja mehr noch, es ist eine der Kernaufgaben von Vereinen, Öffentlichkeit herzustellen. Warum also versteken. Als ich dann weiter recherchierte erfuhr ich so einiges: So schließen Mitglieder mit ihrem Beitritt einen Vertrag mit einer Versicherung. Nur so zur Info: Versicherungen zahlen für so eine Vermittlung so genannte Kick-backs, also Provisionen. 

Diese Intransparenz vergraulte auch die aus dem TV bekannte Schirmherrin. Mir liegt eine E-Mail vor, indem sie die fehlende Transparenz als Trennungsgrund angab. Gerüchten zu Folge, soll bei ihr wegen des Tierschutzvereins auch schon mal das Finanzamt geklingelt haben. Mehrere Leute berichteten mir beispielsweise, dass ein Grundstück zu Trainingszwecken für die Suchhunde angeschafft wurde. Nur lag dieses Grundstück geografisch so ungünstig gelegen, dass außer der Vereinsführenung keiner was davon hat.

In dem Zusammenhang stieß ich dann auf weitere "skurrile" Fälle. So sammelte eine in der Szene prominente Hundetrainerin regelmäßig Spenden für ihre Tierschutzprojekte im Ausland. Dabei erweckte sie den Eindruck, dass es sich um Vereine handelt. Doch dem war nicht so, es waren einfach nur Spendenaktionen - und sie liefen über das Konto des oben beschriebenen Tierschutzverein, der nicht mal eine Webseite hat. Das muss nicht, aber kann sehr geeignet sein, um zu verschleiern, wohin die Gelder dann tatsächlich fließen und wofür sie ausgegeben werden. Offenbar ist man aber irgendwann wohl vorsichtig geworden (vielleicht durch meine Recherchen aufgeschreckt?) und hat dann doch einen eigenen Verein gegründet - der hat sogar eine Webseite, aber Satzung und Rechenschaftsbericht sucht man da vergeblich (obwohl zur Gründung des Vereins bei Anfragen das in Aussicht gestellt wurde). Meine persönliche Meinung: Vertrauen schafft man anders!

Tja, Tierschutz ist eben nicht gleich Tierschutz. So mancher will nur Geld machen und nutzt dafür die Tierliebe aus. Selbstverständlich bedeutet eine solche mangeldne Transparenz nicht zwangsweise, dass etwas unseriös ist. Aber es macht doch stutzig, wenn solche Konstruktionen gewählt werden und man muss sich fragen: Was wollen die verbergen? und warum?

 

Auch Leon ist ein Tierschutzhund: Da man seine schwangere Mutter auf einer Müllhalde fand, wurde er in einem Tierheim geboren und verbrachte dort seine ersten Lebenswochen...
 

Tierschutz ist wichtig! Denn diese armen Tiere brauchen unsere Hilfe und unseren Schutz. Ich selber habe so eine irrationale Dankbarkeit für den Tierschutz: Klar, verdanke ich ihnen doch so gut wie alle meine Hunde. Aber genau deswegen finde ich es um so wichtiger, die seriösen von den unseriösen Tierschützern zu trennen - damit die Hilfe wirklich den Tieren zu Gute kommt und nicht der Geldbörse oder Urlaubskasse irgendwelche Möchtegern-Tierschützer, die sich nur profilieren wollen.

Ein letzter Tipp: 

Schlagt doch den Tierschützern Sachspenden vor. Wenn die dann schon abwinken und lieber Geld wollen, solltet ihr misstrauisch werden und euch über den Verein und die dahinter stehenden Personen informieren BEVOR ihr was spendet. Damit eure Hilfe auch wirklich bei denen ankommt, die sie wirklich brauchen: den Tieren.

 

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Freitag, 27. November 2020

Kastration – bequem, aber für wen?

„Ihr Rüde ist ja intakt“, sagt die Dame mit mehr als deutlicher Verwunderung in der Stimme. Um sie noch mehr zu irritieren, antworte ich mit gewissem Stolz in der Stimme und einem süffisanten Lächeln: „Stimmt, er ist nicht kaputt.“ Zugegeben, das war etwas (absichtlich) provokant. Aber wie das Wort schon sagt, bedeutet „intakt“ so viel wie „ganz, heil, in Ordnung“. Insofern war meine Wortwahl also richtig, denn das Gegenteil davon ist ja dann „nicht heil, kaputt“. Die Selbstverständlichkeit in meiner Stimme schien die Dame zu irritieren, mit deutlich nervösem Vibrato in ihrer Stimme entgegnete sie mir: „Also ich habe unseren Rüden, kurz nachdem er zu uns kam, kastrieren lassen.“ Nicht nur aus ­beruflicher Neugierde wollte ich wissen, warum. Ihre Antwort: „Weil mir sein Rüdengehabe auf die Nerven ging!“ Warum sie sich dann überhaupt einen Rüden geholt hätte, wollte ich wissen, denn die logische Schlussfolgerung wäre doch dann, dass sie ein Weibchen nimmt. „Neeee, die sind dann zweimal im Jahr verwirrt, und außerdem tropfen die dann alles voll …“

Nun ist es aber nicht so, dass uns solche skurrilen Fälle bei unseren Gassigängen nur im ­Zusammenhang mit Rüden ­vorkamen. Erst kurz zuvor erklärte uns eine andere Halterin, dass sie ihr Weibchen hat kastrieren lassen, „damit die nicht so verwirrt ist wie bei der Läufigkeit typischerweise; außerdem: so bleibt die Wohnung sauber und ich kann sie ganzjährig im Bett schlafen lassen.“ Aus ihrer Sicht mögen das vielleicht ­plausible Gründe sein. Doch in ­meinen Augen erscheint mir das nicht nur unlogisch, es zeigt auch einen ge­wissen Mangel an Respekt vor dem Leben und dessen Unversehrtheit. Vor allem zeigt es aber, wie sehr der Mensch aus egoistischen Gründen bereit ist in die Natur zu pfuschen – oder besser gesagt: zu schnippeln. Damit es für IHN passt und bequem ist. Doch was ist mit den Hunden? Der darf dann alle Nachteile alleine mit sich schleppen …

Statt Bequemlichkeit lieber Freundschaft
Foto: Lutz Borger


Am liebsten würde ich solchen Haltern empfehlen, sich doch besser ein Stofftier zuzulegen – die sind dann noch pflegeleichter. Oder auch die relativ neuen „Roboter-Dogs“, die kann man sogar ausschalten. Gesetzlich ist die Lage klar: Das Amputieren von Körperteilen (ohne medizinische Indikation) ist laut Paragraph 6 des Tierschutzgesetzes verboten. Ein Verstoß kann – sofern es zur Anklage kommt – mit Geldbußen und Halteverbot bestraft werden. Sollte dann noch Tierquälerei nachgewiesen werden (beispielsweise durch unsachgemäße Operation durch jemanden, der kein Tierarzt ist), wird das Ganze sogar zur Strafsache – dann können sogar Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren verhängt werden.

Damit spiegelt die Gesetzeslage durchaus auch den derzeitigen Stand der ­Wissenschaft wider: Aus verhaltensbiologischer Sicht birgt die Kastration sowohl von Rüden (Udo Gansloßer in WUFF 12/2010) als auch von Hündinnen (Sophie Strodtbeck in WUFF 2/2011) mehr Risiken als Vorteile. Sofern man überhaupt von Vorteilen sprechen kann – denn den „genießen“ dann über­wiegend die Menschen, mit den Nach­teilen haben dann die Hunde zu kämpfen.

So sind kastrierte Rüden nicht selten Opfer von Mobbing durch andere Hunde. Doch statt den Sinn der Kastration zu hinterfragen, reagiert so mancher Halter da mit wenig nachvollziehbarer Logik (vermutlich, weil er sich selber ­keinen Fehler eingestehen will). So war der Lösungsvorschlag von so manchem Hundehalter, um dieses Mobbing zu verhindern, dass es das Beste sei, wenn doch alle Rüden kastriert wären – denn so wären die ja dann alle unter sich und keiner würde gemobbt. Eine solche Lösung ­bewahrt zwar den jeweiligen Hunde­halter davor, sich seinem Irrtum zu stellen, doch die gesundheitlichen Konsequenzen wischt es nicht hinweg. So steigt beispielsweise das Risiko an bestimmten Krebsarten zu erkranken mit der Kastration (nach derzeitigem Kenntnisstand sogar mehr, als dass sie andere Tumorarten verhindert).

Umso erstaunlicher ist es, dass sogar Tierschützer manchmal skurrile Wege gehen und die Kastration von vermittelten Hunden sogar vertraglich verlangen. Ganz davon abgesehen, dass solche Klauseln in Verträgen ungültig – weil rechtswidrig – sind, scheint diesen Tierschützern nicht bewusst zu sein, dass sie damit auch dem illegalen Hunde­handel in die Hände spielen. (übrigens: der Tierhandel ist nach dem Menschen- und Waffenhandel das lukrativste Geschäft für das organisierte Verbrechen siehe auch Artikel ab Seite 24)

Probleme stehen wir gemeinsam durch - als Team
Foto: Lutz Borger

 

Aber warum akzeptieren so viele Halter denn nicht ihren Hund, so wie er ist? Denn schließlich „ist der Hund unser Bindeglied zur Natur“, wie Günther Bloch weiß (Interview in WUFF 9/2016). Warum ihn also dann nicht belassen, wie die Natur es vorgesehen hat? Sicher, das ist vielleicht unbequem und nicht immer einfach. Aber mal Hand aufs Herz: Wer ­würde denn sein Kind kastrieren, wenn es in die Pubertät kommt? Und welche ­Triebe sich da Bahn brechen, weiß ja sicher jeder noch aus eigener Erfahrung.

Von daher bleibt mein Döggelchen Rico unkastriert, solange es nicht medizinisch notwendig werden sollte. Die Nachteile stehen wir schon durch – gemeinsam!


Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 11/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Kastration aus Bequemlichkeit ist unfair gegenüber uns Hunden


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Samstag, 31. Oktober 2020

Flirtfaktor Hund? – Eher eine „Auswahlhilfe“ 😉

Ist der Hund ein klassischer Flirtfaktor? Unbestritten ist, dass Hundehalter in der Regel keine großen Schwierigkeiten haben, Kontakte zu knüpfen. Der Hund ist also ein idealer Kommunikator, aber hilft er auch beim Flirten? Gassi­reporter Maximilian Pisacane mit seinem charmanten Doggen-Mix ­Rico hat einige Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt …

„Und wer bereitet bei euch das ­Essen?“, fragte die Dame mit einem süffisanten Lächeln. Da war sie wieder: DIE Frage, schon zig-mal bei Begegnungen mit Halterinnen gestellt bekommen – durch die linke Brust einmal quer durch den Körper und raus aus dem rechten Auge. Sofort war mir klar: Sie wollte ab­checken, ob wir noch Single sind. Da ich mir gern bei solchen indirekten – und extrem leicht durchschaubaren – ­Fragen einen Spaß er­laube, antwortete ich: „Das lassen wir uns liefern.“ Das Lächeln der Dame fror ob der nun fortgesetzten Unwissenheit …

Sie brauchte ein paar Sekunden, bis sie sich eine Folgefrage ausgedacht hatte: „Wer hat denn den Hund ausgesucht?“ Den Spaß, sie weiter in Unwissenheit zu lassen, konnte ich so weiter auskosten: „Der Hund hat entschieden.“ 😉

"Flügelmann" Hund
Foto: Lutz Borger

Hunde müssen ja heutzutage viele Rollen spielen. Auch die des Flirtgehilfen. Und nein, ich meine damit nicht eine dieser Aktionen meines Doggen-Wookies Rico, wo er mal wieder seine kalte Nase unter den Rock einer Fremden steckt. Als Flirthilfe erleichtern Hunde die Kontaktaufnahme – aber eben auch so seltsame Verhöre wie eingangs geschildert. Da kommt man(n) sich glatt ausgeschnüffelt vor … Das ist wohl das Pendant zur Analkontrolle bei Hunden …


Irgendwie auch nachvollziehbar, dass man mehr über einen potenziellen Partner erfahren will. Aber muss das unbedingt innerhalb der ersten Minuten sein? Okay, Hunde checken sich auch ab: Kurze Überprüfung der Gerüche. ­Zugegeben, so einfach wünsche ich es mir bei uns Menschen nicht. ;-)ABER: Den Hund nur als Gesprächsthema und Aushorchmöglichkeit zu nehmen ist doch recht platt. Damit vergeuden viele eine andere – wie ich finde – viel wichtigere Hilfestellung, die Hunde beim Flirten geben können. Ich für meinen Teil beobachte viel lieber die Hunde, statt den Haltern Fragen zu stellen. Die verraten mir im Zweifelsfall eh viel mehr – und ehrlicher. Vor allem das Zusammenspiel mit meinem Döggelchen gibt mir da viele Aufschlüsse. Nicht selten stellt sich eine Halterin im besten Lichte dar, doch ihr Hund ist die reinste Zicke und spiegelt somit ihren eigent­lichen Charakter wider …


Doch nicht nur der Hund des Möchtegern-Flirtpartners verrät einem viel. Schließlich spiegeln die wie bereits geschrieben vieles ihrer Halter wider. Noch viel aufschlussreicher ist da der eigene Hund. Mein kleiner Doggen-Wookiee Rico weiß meist sofort, wer zu uns passt. Sein Repertoire reicht vom Ignorieren (= ist mir egal), über Meiden (= die ist mir nicht geheuer) bis hin zum Blocken (= die geht ja mal gar nicht, vor der muss ich dich beschützen). Klare, unverschnörkelte Signale ohne Schnick und Schnack, die mir sagen, ob jemand zu uns passt oder nicht. Ganz besonders aber zeigt er mir, wen er sympathisch findet. So beispielsweise durch Anlehnen (= die ist toll, die ist erlaubt) oder aber in ganz seltenen Extremfällen, wenn er sogar mit ihr spricht (also in seiner Dog-Wookiee Hundesprache). Dann hat Rico quasi sein Okay ge­geben – und ich vertraue seiner Nase da mittlerweile mehr als allen Fragen, die ich stellen könnte.


Hunde riechen, wer passt und wer nicht
Foto: Lutz Borger

Was ich aber nicht verstehe: Warum ist das überhaupt immer wieder ein Gesprächsthema? Oder gibt es etwa Menschen, die sich aus diesem Grund einen Hund anschaffen? Um andere Menschen kennen zu lernen? Wie muss ich mir das vorstellen? Der Hund quasi als Übersetzer der Liebesbotschaften? Das würde das Interesse daran erklären – schließlich nehmen die Singlehaushalte zu. Aber kämen diese Leute auch auf die Idee, sich deswegen ein Baby anzulachen? Wohl kaum (hoffe ich). Für mich beginnt daher ein gelungener Flirt damit, dass man sich am gemeinsamen Spiel der Hunde erfreut und sich so langsam kennen lernt. Auch wenn die Hunde da schon lange Bescheid wissen. Sie sind uns halt in Vielem voraus. Klar, sie riechen es ja förmlich.

Aber vielleicht ist man als Hundehalter auch kein typischer Flirtpartner mehr. Die konventionellen Flirtmethoden und -spielchen wirken eventuell auf uns nicht mehr so (oder gar negativ). Wir haben ja durch unsere Hunde zusätzliche „Sinne“ – wir müssen uns nur darauf einlassen und sie zu lesen wissen. Auf jeden Fall hat man bei dieser Herangehensweise nicht das Gefühl eines Verhöres – und zum Lachen hat man auch sicher mehr. 😉


Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 10/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Flirtfaktor Hund - Ein paar Enthüllungen und Tipps eines Rüden über die Gattung "Herrchen"


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Mittwoch, 30. September 2020

Die Leine als ­Kommunikationsmittel – Nicht nur Sender, auch Empfänger!

Plötzlich spüre ich es. Nicht vehement, in keinem Fall schmerzhaft, nur ein ganz leichter, ja fast schon zarter Druck in der Hand – die Leine ist leicht gestrafft. Ich blicke zu ­meinem Döggelchen Rico, er ist stehen geblieben und schaut mich fragend, ja fast schon um Erlaubnis fragend, an. Sofort wird mir klar: Er hat was gerochen und will dahin (manchmal gebe ich dem nach, manchmal nicht – je nach Zeit­management; und nicht selten entdecken wir die ein oder andere Skurrilität und somit Stoff für unsere Geschichten). Sein ­Signal ist bei mir angekommen.

Die Leine ist für mich mehr als nur eine gesetzliche Pflicht, sie ist ein Kommunikationsmittel. Und wie es die Natur der Kommunikation ist, sollte sie auch keine Einbahnstraße sein. Doch viel zu oft erleben wir auf unseren Gassirunden, dass die Leute damit nur Signale senden. Da ist ein Ruckeln und ein Zuppeln, ein Ziehen und Zerren. Nicht selten sind dies negative Signale, weiß Perdita Lübbe von der Hunde-Akademie: „Leider dient die Leine viel zu oft als Mittel im negativen Sinne, um zu strafen oder von etwas abzuhalten. Doch die Leine sollte stattdessen immer positiv belegt sein und nie ätzend für den Hund. Denn sie gibt ihm Sicherheit, Stabilität und Orientierung. Beispielsweise freuen sich meine Hunde, wenn ich die Leine in der Hand habe, und wollen angeleint werden, denn sie wissen: Hier bin ich geschützt.“

Lockeres Gassigehen - Hund und Mensch verbunden über die Leine

Für mich ist sie daher gar nicht mal so wichtig als Signalsender, viel wichtiger ist sie für mich als Signalempfänger. Vergleichbar mit einem Telegrafendraht. Denn die Signale, die Rico mir darüber sendet, geben mir ganz neue Informationen – und das auf eine sehr subtile, unauffällige, ja beinahe schon intime Art (so im Vergleich zum „dezenten“) Molosser-Stupser oder -Bodycheck) – denn diese Signale bekommt ja kein anderer mit, außer mir. Und das sind nicht nur seine Bedürfnisse und Wünsche! So manche Skurrilität wäre mir andernfalls entgangen, an der ich wohl achtlos vorbeigegangen wäre – und mit ein wenig Fantasie können der im Baum hängende Schnuller, die pfleglich zusammengestellten Damenschuhe auf dem Bürgersteig, die Ente auf dem Auto­dach ganz schön inspirierend wirken, auf jeden Fall aber zu einem Lächeln bringen. Okay, zugegeben, beim Fund eines Schafhaufens hört meine Inspiration dann auf, dafür fängt die von Doggen-Wookie Rico erst an – wenn er sich reinwirft und darin wälzt…

Leinentraining mal anders: Sich mal selber an der Leine führen lassen
Sehr hilfreich in dem Zusammenhang waren so Kinderspiele, die ich auch später im Alter noch wiederholt habe: sich mal an der Leine führen zu lassen von jemand anderem. Als Kind spielte ich ab und an in Rollenspielen den Hund und wurde so an der Leine geführt; später in der jugendlichen Neugierde war es dann kein Rollenspiel mehr, sondern einfach die Erfahrung „wie sich das anfühlt“, die mich reizte; als Erwachsener frischte ich diese Erfahrungen dann sogar unter professioneller Anleitung auf, wie beispielsweise bei einem Tellington-Touch-Workshop (da auch mal mit geschlossenen Augen, was die Konzentration auf die haptische Sensibilität erhöht). Ich kann diese Übung nur JEDEM Hundehalter wärmstens ans Herz legen!
 
Das hilft nicht nur die Kraft einzuschätzen, die auf so eine Leine wirkt – so mancher merkt erst da, was für eine Wucht hinter einem „leichten Leinenruck“ stecken kann. Außerdem: So ein Perspektivenwechsel ist mehr als nur lehrreich. Es ist ein empathisches Erlebnis, welches das Verständnis für­einander fördert. „Ein Perspektiven­wechsel kann mehr als nur die Augen öffnen, er eröffnet dem Halter eine ganz neue Welt der Kommunikation mit seinem Hund. Wer die Leine nur als Signalgeber benutzt, der beschränkt seine Kommunikation mit seinem Vierbeiner. Denn jede Bewegung und viele ­Körpersignale werden über die Leine in Richtung Mensch übertragen – man muss nur offen sein, diese Signale zu empfangen“, weiß ­Wilfried Theißen von derhundehaltercoach.de.

Erst wendet sich der Köpf, dann die Körperachse und mit leichtem Zug, zeigt Rico wohin er gern möchte...

Statt die Leine also als nötiges Übel oder gar als Einschränkung der Freiheit zu sehen, sollten wir Zweibeiner sie vielleicht eher positiv besetzen. Der direkte Draht zu unseren Hunden, ja quasi eine Kommunikations-Nabelschnur. Falls das mit dem positiven Besetzen der Leine Schwierigkeiten macht, so wissen ja Hundehalter, wie sie sich dazu konditionieren können… 🙂

Beim Mantrailing übernimmt der Hund die "Führung"...
Die richtig hohe Kunst scheint es aber zu sein, wenn man sich sogar gezielt vom Hund führen lassen kann, wie beispielsweise beim Mantrailing: „Die Leine stellt eine mentale Verbindung zum Hund dar. Sie wird in der Arbeit beim Mantrailing nicht als ­Korrekturmittel eingesetzt! Sie soll stattdessen dem Hund Sicherheit geben. Und für den ­Mantrailer ist Leinentechnik ein un­ersetzbares Handwerkszeug. Wie soll er sich sonst vom Hund zum Zielobjekt führen lassen? Im besten Fall erkennt und spürt er ­darüber unterschiedliche Signale des Hundes rechtzeitig und kann über die Leine wiederum unterstützend einwirken, indem er ihn bestätigt“, berichtet Kerstin Hennings, Leiterin des Suchhunde­zentrums Schweiz.

Also so weit sind wir – oder besser ­gesagt: ich nicht. Denn ich bin überzeugt, dass mein Döggelchen Rico da mehr spürt als ich. Uns Zweibeinern fehlt es ja zuweilen doch an „hündischer Sensibilität“…


Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 09/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Die Leine als "direkter Draht"


PS: In Zusammenarbeit mit dem Hundeausrüster und Zughundesport-Spezialisten Zampa haben wir eine spezielle Hundeleine und Halsband entwickelt (am Geschirr arbeiten wir gerade noch) - besonders sicher, robust, vielseitig und dennoch leicht.

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Mittwoch, 9. September 2020

Doppeltes Jubiläum: Vom Team zum Rudel

Ricos Einzug änderte alles

Es ist nun 8 Jahre her, da zog der kleine Rico bei mir ein. Vom ersten Augenblick an veränderte er alles im Leben. Ich meine damit jetzt nicht, die ganze Organisation, oder den Alltagsrhythmus etc. Nein, er verschob vom ersten Moment an, schon bei unserem ersten Zusammentreffen, meine Prioritäten - oder genauer gesagt: er stellte sie völlig auf den Kopf. Denn von jetzt auf gleich war er das Zentrum, während ich selber weit hinten anstand.

Seit über einem Jahr ein Rudel: Rico, Leon und Maximilian

Alleine deswegen schon, weckte er "das Kind in mir". Mein in die Jahre gekommener Egoismus schrumpfte dahin - schneller als ein Schneemann im Solarium. Aber in noch größerem Maße weckte er das Kind: Durch seine ausgeprägte Impulskontrolle (die mich ja von Anfang an fasziniert hatte), musste ich ihn manchmal aus der Reserve locken. Und nicht selten verfiel ich dafür in eine kindliche Albernheit, die wohl selbst 6-Jährigen peinlich gewesen wäre.

Kein Wunder also, dass genau diesen Aspekt nun der kleine Leon widerspiegelt. Denn er, der vor etwas einem Jahr zu uns kam, hat wesentlich weniger Impulskontrolle, ist alberner, verspielter... Das, diese Leichtigkeit, verdankt er dir mein Rico - und gleich im doppelten Maße: einmal direkt, durch dein selbstsicheres Auftreten, aber auch, weil due meine Kind-Seite befreit hast.



In all den Jahren wuchsen wir immer mehr zusammen. Ich bezeichnete dich mal als "biologischen Satelliten" (der mir durch sein Verhalte und Körpersprache Signale sendet). Doch die Verbindung geht viel tiefer, eigentlich bist du mittlerweile mein einziges Organ außerhalb meines Körpers (und mit eigenem Willen 😉).


Blog-Jubiläum

Vor nun 7 Jahren, also ein Jahr nach Ricos Einzug, starteten wir unseren Blog GASSIREPORT. Ja ich sage ganz bewusst "unseren", denn er ist genaus meiner, wie der meiner Ricos. Denn er ist da der Chefredakteur, er bestimmt die Themen, erschnüffelt Gegenden und setzt die Akzente. 

Ich kann es nur immer wieder wiederholen: Es war vielleicht nicht die vernünftigste Entscheidung damals Rico aufzunehmen, doch sicher einer der besten meines Lebens. Denn er erweckte auch die "Hundewelt" in mir neu - eine Welt, die ich aus meiner Kindheit kannte und immer genossen habe. Aber durch das Hamsterrad von Job und Karriere irgendwie auf der Strecke geblieben war. Ja ohne Rico hätte ich meinen Burnout wohl nicht so gut überstanden.

Vieles Schwierigkeiten haben wir gemeinsam durchgestanden: Anfeindungen aus der Branche (so manch einer reagierte eben allergisch auf Kritik und Logik), Intrigen, Lügenmärchen (meist von Leuten, die uns gar nicht kannten...oder von verlassenen Exen, die immer noch an mir hängen und dafür sogar andere gefrustete Frauen für so manchen Shitstorm vor ihren Karren gespannt haben), ja selbst geschäftsschädigende Aktionen kamen von den ganzen Neidern (wahrscheiblich aus Angst wegen ihres Mangels an Talenten und Können). Apropos Exen: Wenn ich bedenke, wie oft du mich durch deine feine Spürnase vor fehlern bewahrt hast. Also was das angeht, ist Don Ricotta ein absoluter Frauenkenner. So manchen feghler half er zu vermeiden, denn durch seine Signale wusste ich weit mehr über meine Dates, als denen lieb war (und meist sagte ich es ihnen nicht, denn genau dieser Typus hat die Wahrheit gar nicht verdient). Auf seine Einschätzung konnte ich mich da IMMER verlassen.

In all dieser Zeit wuchsen wir immer mehr zusammen. Rico ist weit mehr für mich als "nur" ein Hund, er ist mein animalischer Bruder. Daher feierten wir bisher diesen Tag als Rico einzog als doppeltes Jubiläum, ja sogar als einen gemeinsamen Geburtstag. Denn all die Veränderungen, die er brachte, waren für mich wie der ebginn eines neuen Lebens, das ich fast vergessen hatte...


Und nun sind wir ein Rudel...

Und nun, da gehört auch Klein-Leon seit etwas mehr als einem Jahr dazu. Er ist so ganz anders als Rico, aber genau deswegen ergänzen die beiden sich auch so gut. Mittlerweile sind wir zu einem kleinen Rudel zusammengewachsen - nun hab ich 2 animalische Brüder, die mein Leben bereichern. Ich danke euch nicht nur von Herzen, denn ein Herz ist zu klein dafür um eure tollen Seelen gerecht zu werden, sondern mit jeder Zelle meines Körpers. Kein Tag, keine Minute, keine Sekunde mit euch hab ich je bereut und ich freue mich auf jeden weiteren Augeblick in der Zukunft. Denn solange ihr bei mir seid, ist für mich alles bestens - egal welche Schwierigkeit auch gerade wieder vor der Tür steht. Auf weitere pfotenstarke Abenteuer und wuffastische Erlebnisse, meine animalischen Brüder! 🐾

   
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Montag, 31. August 2020

Das Dilemma mit ­skurrilen Tier-Anfragen

Tierheime wollen ihre Tier nicht rausrücken? Das hört man immer wieder mal. Aber wenn man hinter die ­Kulissen blickt, versteht man, wie es dazu kommt. In Tierheimen tauchen regelmäßig „seltsame Gestalten“ auf, die für eine Hunde­haltung einfach nicht geeignet sind. Gassireporter ­Maximilian Pisacane hat den Tierheim-Alltag hinterfragt.

„Hey, wir hätten gern ’nen ­Pitbull!“, artikuliert das junge Pärchen, das einem schlechten Film entsprungen scheint: Sie sieht aus wie eine junge Version von Courtney Love und wirkt auch ähnlich verpeilt, so als sei sie schon auf halbem Weg ins Nirwana. Hektisch ist ihr Blick, Augenkontakt ist kaum möglich, immerhin geben ihre vielen Piercings ein paar Fixpunkte in ihrem Gesicht. Er hält sich im Hintergrund, wirkt dabei aber nur noch skurriler, vom Aussehen her das Idealbild eines Junkies. Selbst mein ansonsten an den Anblick skurriler Menschen gewohntes Döggelchen Rico betrachtete sie konsterniert. (Da wir in der Düsseldorfer Altstadt wohnen, hat er schon als Welpe Menschen in sämtlichen Aggregatzuständen gesehen und angeschnüffelt.) „Was wisst ihr denn über die Rasse?“, fragte die Tierheim-Mitarbeiterin mit einer Geduld in der Stimme, die man wohl nur durch unendliche Szene-Wiederholungen erlangt. Ich schnappe Fetzen der Antwort auf: „Hab‘ Fotos gesehen … immer schon mein Traumhund … die schauen so süß … voll ey!“ und ähnlich informationsgehaltvolle Worte. 😉

„Ihr wisst aber schon, dass es sich dabei um Listenhunde handelt?“, fragt die Tierheim-Mitarbeiterin. In ihrer ­Stimme vibriert das schon an Präkognition grenzende Wissen um die Antwort: „Ja klar, aber das macht uns nichts, dass der auf einer Liste steht. Wir haben da keine Vorurteile.“ Na das ist ja mal toll – aber wie sieht es mit dem Wissen darum aus, was da alles dranhängt – besondere Sachkunde, höhere Steuern, Maulkorb- und Leinenzwang (von dem man sich zwar befreien lassen kann, was aber Mühe und Zeit kostet)…?


Ein neues Zuhause sollte gut gewählt sein, damit es nicht nur ein weiterer Parkplatz ist... Foto:Lutz Borger
Ein neues Zuhause sollte gut gewählt sein, damit es nicht nur ein qeiterer Parkplatz ist...
Foto: Lutz Borger

Mit bewundernswerter Geduld und recht emotionslos antwortete die Tierheim-Mitarbeiterin: „Wir haben gerade nur einen Pitbull und der ist reserviert, aber ihr dürft euch gern umschauen, ob ihr einen anderen Hund sympathisch findet, und dann schauen wir weiter.“ Warum ich ihre Geduld bewundere? Ganz einfach, meine Antwort wäre gewesen: „Tut euch, der Umwelt und vor allem dem Hund einen Gefallen und kauft euch ein Stofftier!“ (Jaja, ich weiß: ich bin zuweilen sehr direkt ;-)). Immer wieder hören wir Geschichten, dass Tierheime besonders hohe Hürden für die Adoption eines Hundes aufstellen. Ja, viele meinen sogar, es wäre kaum noch möglich, aus einem Tierheim einen Hund zu bekommen. Das stimmt nach meiner Erfahrung, es ist im Vergleich zu früher wirklich nicht mehr so einfach. In meiner Kindheit ging man ins Tierheim, suchte sich einen Hund aus, ­unterschrieb ein paar Blätter und das war es. Aber ist einfach auch immer besser? Wohl kaum, zumal die Rücklaufquote so sicherlich größer ausfällt.

Und so stehen Tierheime seit einiger Zeit unter Beschuss, sind die Bösen. Weil sie doch die armen Tiere lieber in Zwingern halten, als sie den ach so „­fürsorglichen“ Besuchern einfach so mitzugeben. Wobei ich mich immer frage, ob zur ­Fürsorge nicht auch das Vorab-Informieren gehört. Aber gut, offenbar sehe ich das zu logisch. Denn wenn ich solche Leute darauf ansprach, ob sie sich vorher mal informiert haben, erhielt ich Antworten wie „Ich will ­einen Hund, keine Doktorarbeit schreiben …“. Tja, wenn ein paar grundsätzliche Infos schon reichen, um einen Doktor-Titel zu bekommen, dann wundere ich mich mal, warum nicht mehr Menschen einen haben …

Sicher, es mag Tierheime geben, die es übertreiben. Immer wieder hört man ja so Horror-Stories, dass man keinen Hund bekommen hätte. Die Sozialen Medien (oder wie ich sie gern nenne: Netzwerke der Soziopathen) sind ja voll davon. Verständlich, dass die Betroffenen konsterniert sind – handeln sie doch in der Überzeugung eine gute Tat zu tun. Ebenso verständlich ist es auch, dass sie einige Gründe der Ablehnung verschweigen. Wer will schon zugeben, dass man sich durch Unwissenheit blamiert hat? Doch die Regel ist es nicht, dass Tierheime „nix rausrücken“! Dagegen sprechen nicht nur die zahlreichen Hunde aus dem Tierschutz, die durch die Sozialen Medien wuffen, sondern auch die Statistik: Es werden jährlich wesentlich mehr Hunde bei Tasso eingetragen, als Züchter Nachwuchs beim Verband für das deutsche Hundewesen (VDH) melden. Die Mehrheit, die in diese Lücke fällt, kommt aus dem Tierschutz (ein gewisser Teil leider auch aus so genannten Vermehrer-Betrieben im In- und Ausland).

Sicher, im Tierschutz ist auch nicht alles grün. Auch darunter mischen sich schwarze Schafe, die eher ihr Geschäft im Sinn haben als die Hunde. Nicht selten bildet sich rund um eine Tierschutz-Organisation eine ganze Industrie. Sie kooperieren mit Hunde­trainern, Ernährungsberatern, Tierärzten, Physio­therapeuten, Hundefriseuren und anderen Geschäften zusammen. Nicht selten rückt der Hund dabei aus dem ­Fokus und das Geschäft gewinnt Priorität. Ja, einige Tierschutz-Organisationen arbeiten sogar mit illegalen Tierhändlern zusammen. Aber alle unter einen Generalverdacht zu stellen ist mehr als unfair. Zumal sich mancher Besucher an der eigenen Nase packen sollte, vor allem wenn er sich so informiert hat, wie das anfangs erwähnte Beispiel-­Pärchen. Es reicht halt nicht zu wissen, dass ein Hund vier Beine hat und ein Fell (zumindest die meisten Rassen), um ihm ein artgerechtes Leben bieten zu können.
 

Chantal sucht ein Zuhause 

Chantal wurde aufgrund ihrer Unverträglichkeit abgegeben. Im Tierheim Düsseldorf wird mit ihr zusammen mit einer ­Hundetrainerin trainiert und sie macht sich seitdem super. Es wird für sie daher ein erfahrener Hundehalter gesucht. Die etwa 4,5 Jahre alte Doggen-­Mischlingshündin wiegt ca. 50 Kilo und ist kastriert. Sie ist unheimlich verschmust und menschenbezogen. Aufgrund einer bereits operierten Ellenbogendysplasie sollte Chantals neues Zuhause ebenerdig sein. Sie kann alleine bleiben, ist stubenrein und auch im Auto zu fahren, bereitet ihr keinerlei Probleme.

Training mit Chantal
Training mit Chantal

Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 08/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Tierheime sind genauso unperfekt wie Hunde und Menschen, sie aber unter Generalverdacht zu stellen ist unfair

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Donnerstag, 30. Juli 2020

„Glück ist tierisch leicht…“ – Interview mit Daniela Ben Said

Daniela Ben Said wuchs in Osnabrück als Tochter ­einer ­Deutschen und eines Tunesiers auf. Sie studierte ­Psychologie, machte u. a. Ausbildungen zur Heil­praktikerin und Fach­trainerin für Psychotherapie. Seit 1998 ist sie selbständige Vortragsrednerin und Coach. Sie arbeitet fast immer mit ihren Tieren, die sie auch auf die Bühne mitnimmt. Gassi­reporter Maximilian Pisacane hat sie zum Interview gebeten.

Daniela Ben Said mit Bullterrier Frieda

Auf einem meiner – wie ich sie gern nenne – „virtuellen Gassigänge“ lief uns Daniela Ben Said über den Weg und sprach uns an. Die Heilpraktikerin hat bereits viele Bücher geschrieben und hält Vorträge zu den Themen Führung, Kundenverblüffung und Persönlichkeitsentwicklung. Spiegel Wissen schrieb 2009 über sie: „Sie gehört zu den Top-Trainern Deutschlands“, und 2014 erhielt sie die Auszeichnung „Female Speaker of the Year“. Sie lebt auf ihrem historischen Niedersachsen­hof mit Pferden, Ponys, Hühnern, Gänsen, Eseln, Hängebauchschweinen, Hunden, Katzen, Enten und einem Bussard. Alle Tiere tragen einen Namen, denn für Daniela sind sie Mitbewohner, Freunde und Gefährten. Sie beobachtet deren Verhalten und Gewohnheiten, um daraus Erkenntnisse zu gewinnen, die sich auf das menschliche Leben über­tragen lassen. „Menschen handeln häufig so, wie es die Gesellschaft, der Partner, die Eltern oder der Chef vermeintlich erwarten. Das macht auf Dauer unzufrieden und unglücklich. Tiere sind authentisch und leben so, wie es ihrer Natur entspricht. Wir Menschen können daher von Tieren lernen unser Leben so zu gestalten, dass es unserem Wohlbefinden entspricht“, meint Daniela.

Da kann und will ich ihr nicht widersprechen. Schon aus meiner eigenen Erfahrung heraus könnte ich das gar nicht. Wenn ich bedenke, wie viel ich durch mein Döggelchen Rico wieder neu ­gelernt habe und viel Neues immer wieder lerne … Aber nun zu dem Interview mit Daniela Ben Said, die aus ihren Beobachtungen ein eigenes Bühnenprogramm entwickelt hat: „Glück ist tierisch leicht – was wir von Tieren lernen können“

Interview mit Daniela Ben Said

Gassireport: Wie kamst Du auf die Idee eines Bühnenprogramms?
Daniela: Etwas vereinfacht gesagt: durch Beobachtung. Weißt Du, ich bin mit Tieren aufgewachsen und lebe mit ihnen zusammen. Und jeder, der ein Tier hat, wird irgendwann merken, wie glücklich es einen macht. Daher stellte ich mir die Frage: Was machen Tiere eigentlich besser? Zunächst einmal machen sie sich keine Gedanken und vor allem keine Sorgen um die Zukunft, sie konzentrieren sich auf ihre grundlegenden Bedürfnisse. Tiere kennen nicht dieses „weiter, schneller, ­höher und immer besser“, das uns Menschen oft antreibt.

Auch eine Eule gehört zu Danielas Familie, sie heißt Hedwig

Gassireport: Meinst Du damit unsere Gesellschaft?
Daniela: Genau. In ihr herrscht derzeit das Ideal von Karriere, im Sinne eines ­Immer-mehr-haben-wollens. Meist mehr als man konsumieren kann. Diese Tendenz ist nicht gut, weder für die Umwelt, noch für die menschliche Psyche. Das Ergebnis sehen wir ja an der Zunahme psychischer Erkrankungen. Übrigens, auch bei einem anderen Problemthema können wir viel von Tieren lernen: in Beziehungsangelegenheiten.

Gassireport: Ich hab‘ zwar eine Ver­mutung, wie Du das meinst, aber kannst Du das bitte konkretisieren?
Daniela: Nun, viele Beziehungen zwischen Menschen scheitern. Die steigenden Scheidungsraten in vielen Ländern bestätigen das. Häufig scheitern Beziehungen, weil wir mit unserem Partner nicht mehr zufrieden sind, weil wir wieder „Mehr“ oder etwas „Besseres“ wollen; oft scheitern sie aber auch, weil wir die Voraussetzungen für eine funktionierende Beziehung vergessen. Warum haben Tiere und ganz besonders Hunde so eine innige Beziehung zu uns? Sie sind treu, loyal, ihre Gefühle sind aufrichtig, sie veranstalten keine emotionalen oder psychologischen Machtspielchen – das sind die Grundlagen, die ich meine. So funktionieren Beziehungen.

Ein Pony darf natürlich auch nicht fehlen...

Gassireport: Und warum ein Bühnenprogramm und nicht ein Buch?
Daniela: Auf der Bühne kann ich vieles unter Mithilfe meiner Tiere besonders gut veranschaulichen. Das ist lebendiger. Man muss diese„tierischen Glücklich­macher“, ihre unmittelbare Wirkung eben auch „erleben“.

Gassireport: Und wer tritt da mit Dir auf?
Daniela: Da ist zum Beispiel mein Mini-Bullterrier Frieda. Frieda ist ein Listenhund, und ich will auch gegen die Vorurteile angehen, mit denen diese Hunde­rassen zu kämpfen haben. Am Beispiel Hund lässt sich vor allem die Loyalität besonders gut demonstrieren. Des Weiteren bringe ich meinen Bussard Banu und die Riesenschildkröte Morla mit auf die Bühne.

Mit Frieda gegen Listenhund-Vorurteile

Gassireport: Und wie kann man sich das vorstellen? Ähnlich wie Stand-Up-Comedy mit Tieren?
Daniela: Nein, ganz und gar nicht. Ich erzähle Geschichten, die erfreuen und erheitern sollen. Und die eben auch lehrreich sind. Darüber hinaus sollen sie auch unser Verantwortungsbewusstsein schärfen.

Gassireport: Wie meinst Du das?
Daniela: Diese unglaublichen, vielfältigen Geschöpfe mit all ihren Fähigkeiten, diese „tierischen Glücklichmacher“ – sie wurden uns Menschen anvertraut, nicht ausgeliefert. Dementsprechend sollten wir auch mit ihnen umgehen.


Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 07/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Macht es euch nicht so schwer! Denn: "Glück ist tierisch leicht..." 


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Samstag, 13. Juni 2020

Kleinhund versus Großhund: Fronten sind menschengemacht

Kleinhund versus Großhund – ein immer wieder ­präsentes Thema unter Hundehaltern. Gassireporter Maximilian ­Pisacane geht diesem Thema mit seinem Riesenbaby Rico auf die Spur. Schnell trifft er auf einen kläffenden und sich wild gebärdenden Kleinhund. Doch die Begegnung läuft ganz anders als erwartet …

Ob klein oder groß - Freundschaft bemisst sich bei Hunden nach anderen Kriterien
Foto: Der Papagraf

Wild kläffte der kleine Racker am Zaun. Als Nachfahre von Terriern (das war dem Mischling deutlich anzusehen) gab das kleine Hundchen alles – sofern es sein Mut zuließ: Unsicher sprang er vor und zurück, das eh schon struppige Fell so weit aufgerichtet, dass er wie eine süße Plüschversion eines hüpfenden ­Kugel­fisches aussah. Dabei nahezu hysterisch bellend. Selbst mein Döggelchen Rico war offensichtlich irritiert – sein Blick sagte: Was ist das? Erst dann besann er sich seines Hundseins und antwortete entsprechend mit seinem Bariton-Wuff.

Der freche Kleine braucht mal eine Abreibung …

Nicht minder überrascht war ich aber von der Reaktion der Halterin. Sie war höchstens Ende 20 – und für die Verhältnisse der Modestadt Düsseldorf recht „natürlich“ attraktiv. Irgendwie hatte sie was Kameradschaftliches an sich. ­Jemand, mit dem man schon nach ­kurzer Zeit Äpfel stehlen würde … Sie stand innerhalb des eingezäunten Auslaufgebietes im Park und sagte: „Kommen Sie ruhig rein, der freche Kleine braucht mal eine Abreibung.“

Ich war so baff, dass mir nicht sogleich eine Antwort einfiel – kommt ja nicht oft vor. Offenbar bemerkte auch Rico meine Verwunderung, denn er vergaß für einen Augenblick sein Bellen. Wollte sie etwa ihren Hund los werden? Gut, mein kleiner Doggen-Wookiee ist zwar recht geduldig und will lieber spielen, aber irgendwann reißt ihm halt auch der Faden. Oder wollte sie ihn gar in einem Ritual von New-Age-Hexen opfern? 😉

Leinen los

Eigentlich hatten wir gar nicht vor, in den Auslauf zu gehen; machen wir eh dort nicht so gerne, ist für Ricos Größe ein wenig zu „eng“. Aber gut, nun ­waren wir neugierig, und da Don ­Ricotta sich eh wieder an sein ­Bellen ­erinnert hatte, konnten wir auch genau so gut reingehen. Doch am Tor beschlichen mich wieder Zweifel: „Sind Sie wirklich sicher?“, fragte ich daher. „Klar!“, sagte sie mit einem freundlich-spöttischen Lächeln, „Sie sind ja süß, Sie machen sich ja mehr Sorgen um meinen Hund als ich.“ Süß? Okay, das war ein Volltreffer ins Zentrum der Testosteron-Ehre. 😉 Wenn sie es so haben wollte, bitte. Also wischte ich meine Zweifel beiseite und trat ein. Und während der kleine Scottie (so hieß der höchstens 15 Kilo schwere Hund) immer hysterischer um uns herumsprang und bellte, machte ich Rico los …

Auch mit kleinen Hunden können große Schnüffelspannendes entdecken...

Okay, ich vertraue da meinem Döggel­chen; schließlich habe ich ihn vom Welpenalter daran gewöhnt, auch mit kleineren Hunden zu spielen. Da geht das nicht so wild, wie er es mit seinen Molosser-Freunden in seiner Gewichtsklasse machen kann. Aber hund kann ja auch anders spielen. Dennoch war ich bereit, Rico sogleich zurück zu rufen, ja, ich hatte sogar schon Luft geholt, als er auf Scottie los stürmte. Doch im letzten Moment bremste er ab, Scottie schrie vor Schreck nahezu auf, und mit zwei Hüpfern forderte Rico den Kleinen zum Spiel auf. So als wollte er sagen: „Hey, chill mal und lass uns lieber spielen.“

Das begriff der ängstliche Terrier zum Glück recht schnell. Und es war eine Wonne, die beiden dann gemeinsam beim Spielen zu beobachten. Gerade weil es so anders war als mit Spielkameraden von Ricos Gewichtsklasse. Viel vorsichtiger, weniger wild. Wieder einmal staunte ich über die Komplexität dieser Tiere, unserer Hunde. Wie gut sie unterscheiden können und sich darauf auch physisch einstellen. „Sehen Sie, habe ich es doch geahnt, als ich Sie beide von weitem schon sah“, sagte die junge Frau wie zur Bestätigung, „und so nebenbei lernt meiner auch ein wenig was und verliert auch seine Angst vor größeren Hunden – besser so, unter kontrollierten Verhältnissen, als später auf der Straße.“ Ich wünschte, mehr Menschen hätten so viel Verantwortungsgefühl gegenüber ihrem Hund und ihrer Umwelt.

Gleichzeitig war ich dankbar, dass die beiden Hunde mir wieder eines bestätigten: Egal welcher Größe – es sind alles Hunde! Die Front zwischen Klein- und Großhundehaltern ist meines Erachtens nur eine menschliche Grenze. Hunde können zwar unterscheiden, aber eine Grenze ziehen sie nicht: sie erkennen auch kleine Hunde als das an, was sie sind – eben Hunde.


Die unterschiedliche Größe hält Hunde nicht vom gemeinsamen Spielen ab
Foto: Brigitte Klemke

Klar muss man vorsichtig sein. Und gerade wenn der Größenunterschied besonders groß ist, sollte man die Aufsicht nicht vernachlässigen. Denn bei aller Anpassungsfähigkeit, ein wahres Gefühl für ihre Kraft und ihr Gewicht haben sie wohl nicht. Schnell kann da der gut gemeinte und als Aufforderung gedachte Pfotenstupser Schmerzen verursachen. Und bei allzu wildem Spiel kann ein unglücklicher Hüpfer sogar verletzen.

Dennoch, was soll dieses ­kleinkarierte Kleinhund vs. Großhund? Es ist doch gerade die Vielseitigkeit unserer ältesten tierischen Freunde, die uns ­begeistert. Wenn wir ihnen den Kontakt unter­einander verbieten, so sind doch Probleme geradezu vorprogrammiert. Hunde lernen halt nicht rein theoretisch. Klar, dass die kleinen Fiffis unsicher alles versuchen zu verbellen, in dessen Schatten sie verschwinden könnten. Und genauso klar ist es, dass dann die ­Großen darauf reagieren (der eine früher, der ­andere später). Aber es braucht in solchen Situationen nur einen Augenblick der Unaufmerksamkeit, nur eine kurze menschliche Schwäche oder was auch immer. Und schon stürmt dann der Größere auf den Kleinen zu – und zeigt was Sache ist. Spätestens dann ist das Geschrei groß.

Ist doch viel schöner und entspannter zu sehen, wie sich dagegen die beiden ­beschnüffeln. Ich genieße jedenfalls ­immer unsere Gassireport-Walks mit vielen unterschiedlichen Freunden – ­darunter sind auch viele kleine Fellfreunde mit großem Hundeherz.


Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 06/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Ob klein oder groß - es sind alles Hunde!


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