Sonntag, 28. April 2019

Der alltägliche Großstadtwahnsinn für Hunde

Was unsere Hunde in der modernen Zivilisation aushalten müssen, ringt mir immer wieder Respekt ab. Vor allem, wenn ich daran denke, dass sie das alles ja uns Menschen zuliebe ertragen. Besonders fällt mir das immer in der Großstadt auf. Bevor mich hier jemand falsch versteht (oder verstehen möchte 😉): Ich will hier nicht abwiegen, was besser ist - Stadt- oder Landleben! Da das Döggelchen und ich ja beides haben, hat für uns auch beides Vor- und Nachteile. Und meiner Erfahrung nach gibt es sowohl auf dem Land als auch in der Stadt anteilig gleichviel Idioten (da ja jeder unter Idioten was anderes versteht: damit meine ich ganz allgemein solche Leute, die nicht mitdenken). Jedoch: Durch die wesentlich größere Menschendichte in den Städten ist logischerweise auch die Wahrscheinlichkeit, dass einem so ein Idiot über den Weg läuft ungleich größer.


Rico in the city


Das Land-Döggelchen

Hier mal ein paar Beispiele (sowohl negative wie positive), wo ich mich geirrt, die Situation falsch eingeschätzt oder einfach nur die Intelligenz gewisser Personen mal wieder überschätzt habe...


Die völlig überschminkte Tussi mit der Reaktionsgeschwindigkeit einer Schlaftablette

In der Großstadt ist immer was los...
Es war früher Morgen - also für einen Sonntag - als wir die kleine Gasse einbogen, die zu unserer Straße führte. Es war eine sehr entspannte Runde und ich freute mich schon auf die Couch mit dem Döggelchen. Doch am anderen Ende der Gasse sah ich eine stark geschminkte Frau mit ihrem Hund - und er war unangeleint. Vom Sehen kannte ich sie, denn sie und ihr Hundchen sind uns schon häufiger begegnet. Daher wusste ich auch aus Beobachtung bei anderen Hundebegegnungen aber auch aus eigenen Erfahrungen, was für ein hysterischer Kläffer ihr flauschiges Hundchen ist. Da die Halterin ja ihren Hund wesentlich öfter erlebt hat und sie uns ja auch gesehen hat, ging ich davon aus, dass sie ihn ja kannte und sicher gleich anleinen würde. Schließlich: Welcher Hundehalter will schon die Gesundheit seines Hundes riskieren? Und angesichts der gemachten Erfahrungen mit ihrem Hund (schließlich war sie bei den Kläff-Anfällen ja immer dabei), wäre ja Anleinen auch mehr als logisch - zumindest, wenn man eine basale Intelligenz voraussetzt. Und genau, weil ich dies tat, war ich anfangs auch nicht sonderlich beunruhigt. Ich dachte einfach: Die wird ihren Hund schon gleich anleinen. Tja, und da hab ich mich geirrt, die Intelligenz dieser Kosmetikfetischisten offensichtlich überschätzt. Denn während wir langsam näher kamen (das Döggelchen musste ja erst jeden kleinen Strauch und Laternenpfahl abschnüffeln), hatten wir so gerade mal die Hälfte der Gasse hinter uns gebracht, da schoss das Hundchen kläffend auf uns los. Erst überquerte es die Straße (zum Glück kam gerade kein Auto) und direkt mit lautem und hellem Gebell auf uns zu. Don Ricotta hob erst etwas irritiert den Kopf - klar, Hunde mit Suizidambitionen sind ihm recht unbekannt. Doch als das kleine Hundchen noch näher kam und wild um uns herumtanzte, war dann auch der Doggen-Wookiee irgendwann genervt. In seiner typischen Art irgendwo zwischen Bruce Lee und Godzilla richtete er sich auf und bellte in seinem Bariton zurück. Zum Glück war Rico (anders als der andere Hund) angeleint. Und: Damit dem lebensmüden Hundchen nichts passiert, hatte ich mich dazwischen geworfen, weswegen das nun genervte Döggelchen mit seinen 44 Kilo halb in meinen Armen lag. Naja, die Tante war also nicht so intelligent und vorausschauend wie ich gedacht hatte, aber spätestens jetzt wird sie ja wohl reagieren, dachte ich. Und hier irrte ich mich ein 2. Mal. Sie bewegte sich kein Stück und schaute nur zu. Erst als ich sie laut(!) Ansprach (schließlich musste ich ja ihren Hund übertönen), bewegte sie sich: Sie ging zwei Schritte auf uns zu und rief ihren Hund. Doch der reagierte nicht (was mich mittlerweile nicht mehr wunderte). Und während der noch immer seinen hysterischen Kläff-Tanz um uns herum aufführte, rief sie weiter den Namen der Hündin (immerhin wussten wir so durch den Namen, dass es ein Weibchen war - mehr Informationsgehalt hatte die ganze Begegnung aber auch nicht). Leider erfolglos. Doch auch daraus lernte sie nichts, stattdessen wiederholte sie nur sinnlos den Namen. Da ich mittlerweile auch recht genervt war, schrie ich sie nun an (auch weil ich nun ja beide Hunde übertönen musste): "Ich würde es mal mit Einfangen versuchen, du Genie!" Jetzt endlich bewegte sie sich und nach einer kurzen Weile gelang es ihr endlich ihre Hündin, die immer noch hysterisch kläffte, einzufangen. Recht schnell konnte ich so auch Rico beruhigen (und das trotz der weiterhin bellenden Hündin). Endlich konnten wir auf unsere Straße einbiegen und unseren Weg nach Hause beenden. Doch bevor ich mich entfernte, rief ich der Frau noch zu: "Ich hab 'ne Denksportaufgabe für Sie: Raten Sie mal, warum in der Innenstadt eine Leinenpflicht besteht?" 


In der Stadt findet hund (Menschensprache: man) täglich die seltsamsten Sachen auf der Straße...


Wenn man glaubt, es ging gut, überrascht einen was anderes

In der City sollte man immer gut Ausschau halten, um Überraschungen zu vermeiden.
Foto: Lutz Borger
Diesmal war es nicht das Ende unserer Gassirunde, wir waren noch am Anfang. Und es war abends, unsere letzte Runde. Da kommt uns ein Obadchloser entgegen. Er schwankt. Ob es daran lag, dass er zu viel getrunken hat oder aber an den großen und auslandenden Rucksack (der war echt riesig! Wahrscheinlich schleppte er ein ganzes Zelt samt Einrichtung mit sich rum), konnte ich auf die Entfernung nicht sagen. Doch da ich schon von seinen Körperbewegungen und dem auslandenden Hin- und Herschwanken mir recht gut vorstellen konnte, wie der kleine Doggen-Wookiee Rico darauf reagiert. Denn sowas findet er absolut ätzend, erst recht wenn er noch Alkohol dazu riecht - und seine heftige Reaktion darauf lässt mich auch vermuten, dass es mit seiner Vergangenheit zu tun hat. Insofern war ich also vorbereitet: Ich rechnete damit, dass das Döggelchen sich kläffend auf die Hinterbeine stellt, sobald der Kerl näher käme. Doch ich irrte mich: Ganz geheuer war der Kerl Rico nicht, weswegen er ihn auch nicht aus den Augen verlor. Und als er an uns vorbei ging war ich schon sehr verwundert, dass Don Ricotta darauf nicht reagierte (zumal ich nun auch die recht starke Alkohol-Fahne riechen konnte). Ich war echt stolz auf das Döggelchen, wollte ihn gerade loben - doch dann kläffte so ein kleiner Hund vom riesigen Rucksack herunter (der war vorher aufgrund der Dunkelheit und der Größe des Rücksackes nicht zu erkennen). Tja, und wieder einmal bewahrheitete sich ein Ratschlag, den ich auch immer gebe: Erwarte immer das Unerwartete...


Gassi in the City
Foto: Lutz Borger

Aber glaubt bloß nicht, das sowas jetzt innerhalb von ein paar Tgen geschieht. Nein, BEIDE Erlebnisse ereigneten sich innerhalb von 24 Stunden! Und das sind auch nur 2 Highlights des Tages, denn viele Kleinigkeiten, wo man sich nur wundern kann - sowohl als Halter, wie auch als Hund - aber die eben nicht der Rede wert sind, erlebt man ja noch dazu. Doch man erlebt dafür auch viel häufiger "schöne Irrtümer", einfach weil es auf engem Raum auch mehr Menschen gibt und eben auch welche, die einen nett überraschen.


Der Hämpfling und der Kangal

Wir laufen durch eine Unterführung, auf der anderen Seite liegt der Park. Eine gemütliche Gassirunde am Mittag sollte es werden. Da tauchte plötzlich ein Kerl mit einem Kangal an der Leine am anderen Ende der kurzen Unterführung auf. Ausweichen war in der Unterführung nicht möglich, zumindest nicht für Hunde unseres Kalibers. Doch das beunruhigte mich nicht, ebensowenig, dass der Kangal offenbar noch recht jung, wahrscheinlich in der Pubertät war. Doch dass der Halter zwar einen halben Kopf größer aber dafür nur halb so breit war wie ich, weckte doch Vorurteile in mir: Würde er seinen Hund halten können? Ich hatte so meine Zweifel... Und so gingen wir beide so weit wie möglich voneinander entfernt, quasi an der Wand entlang und den eigenen Hund mit dem eigenen Körper "absichernd" (nichts dramatisches, einfach nur waren wir Menschen zwischen den Hunden) aneinander vorbei. Beide Hunde schauten sich sehr interessiert an und präsentierten sich stolz, während wir beide immer wieder unsere Hunde ansprechen oder mit einem "Nein!" an ihre Impulskontrolle erinnern mussten. Doch ansonsten geschah nichts, nicht mal ein Knurren. Und als wir aneinander vorbei waren, drehte ich mich spontan um und rief dem Kerl zu: "Respekt!" Der blieb stehen und lächelte mir zu: "Danke! Ich find auch, das haben wir ganz gut hinbekommen." Worauf ich antwortete: "Stimmt, hab ich leider schon oft auch anders erlebt." Hier lag meine anfängliche Einschätzung falsch, denn ich war mir recht sicher, dass es mehr oder weniger schief gehen würde. Doch ganz ehrlich: In solchen Fällen freue ich mich riesig über meinen Irrtum.


Und wieder mal ein unangeleinter Hund in der City...

Frei Laufen ist toll, aber in der Stadt zu riskant...
Wir laufen ein wenig über die Wiese an der Kunstakademie und der Rheinuferpromenade. Ist immer ein recht chilliger Abschluss unserer Gassirunde, denn die beiden Wiesen liegen quasi bei uns um die Ecke. Während das Döggelchen noch die neuesten Nachrichten seiner Fellkollegen aus der Nachbarschaft erschnüffelt, sehe ich einen schwarzen Labrador auf uns zu kommen. Ohne Leine und ohne Halter. Ich schaue mich um und erkenne eine Frau, die offenbar zu dem Hund gehörte. Ich dachte schon: Na prima, wieder so jemand der glaubt seinen Hund in der Innenstadt die leinenlose Freiheit geben zu müssen - ohne Rücksicht auf andere Halter und die Umwelt. Doch etwas verdutzt schaute ich zu, wie die Frau ihren Hund rief, er sogleich zu ihr ging und beide dann in einem weiten Bogen an uns vorbei gingen. Okay, sicher, eigentlich herrscht Leinenpflicht in der Innenstadt, aber hey, ich bin nicht das Ordnungsamt und da ja nichts passiert ist, gab es auch keinen Grund sich aufzuregen. Klar, auch zur Sicherheit des Hundes wäre es besser, schon wegen dem Straßenverkehr in der Stadt - das war der einzige Gedanke, der mir auch später noch durch den Kopf ging. Aber man muss sich ja nicht immer einmischen, vor allem nicht wenn es so ein positives Erlebnis ist.

Auch solche Dinge erleben wir in der Stadt wesentlich öfter. Die Stadt ist eben wesentlich ereignisreicher, was auch inspirierend ist. Dafür ist es aber in der City meist auch stressiger, während auf dem Land die Gassirunden gechillter sind. Hier genieße ich dagegen die häufigeren, intensiven Momente der "Ereignislosigkeit".





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