Montag, 9. März 2015

[Gastbeitrag] Oh Schreck, oh Schreck - eine humoristische Betrachtung von Schreckreizen :-)

Heute gibt es aus gegebenem Anlass einen Gastbeitrag der Fotografin Antje Hachmann. Sie beschäftigt sich humoristisch mit dem Thema "Schreckreize" :-) Mich beeindrucken die ja nicht sonderlich, aber offenbar ist das Thema gerade en vouge... Viel Spaß beim Lesen! :-)


Ach Du Schreck!

Qué? :-)
© Foto: Antje Hachmann

Jetzt isses passiert – ich kenne das neue Unwort in der Hundeerziehung. Der Schreckreiz ist es. Nach „ich tanze meinem Hund Rudelverhalten vor“ (alles postitiv, Baby) dem ganzen „das ist angeboren dass dein Hund das mittige Arschloch ist“ (läufst du schon oder stellst Du noch?) und „Dein Hund zieht? Wirf ne Schelle, hilft sofort und nachhaltig“ (Wunderwaffe Trainingsdisc).

Einen belustigenden Beitrag auf der Facebookseite eines von einem Verlagshaus unter die Fittiche genommenen Blog-Post später komme ich aus dem Staunen ehrlich gesagt nicht mehr heraus. Leider darf ich nicht mehr weiter staunen, alle Beiträge die in irgendeiner Form kritisch waren wurden gelöscht - um als JPG wieder eingestellt zu werden (ist das ne neue Form Journalismus?)


Im Normalfall halte ich mich ziemlich geschlossen zu sämtlichen Foren- und Facebookdiskussionen. Denn das Internet ist quasi der rechtsfreie Raum für die Idealisten und (Hunde-)Religionsfanatiker. Alles, was nicht in ins Schema passt, wird aufs übelste diffamiert oder direkt gesperrt und geblockt. Getreu dem Motto: Was ich nicht sehe ist nicht da. Kann man natürlich so machen. Evolutionär gesehen wäre eine solche Entscheidung im „Real Life“ (das ist das mit dem Tageslicht) schon ein wenig fatal.

Platt dargestellt würde es sich wie folgt abspielen: „Oh. Ein Lastwagen auf der Strasse. Das möchte ich nicht, weil ich ja gerade hier laufe. Ich halte mir die Augen zu, dann ist er nicht mehr da.“ Dass der LKW Fahrer im schlechtesten Fall gar nicht mitbekommt, wie Du Tatsache ignorierst dass er existiert, lasse ich jetzt mal als worst-case-szenario stehen. Was passiert also? Dank zugehaltener Augen gehst Du Deinen Weg. Der LKW Fahrer sieht dich nicht. Ende. Also, für Dich.

Ähnliche Dinge gehen mir durch den Kopf wenn ich so manche Blogs lese. Scheuklappen auf und los geht’s. Ein Hund, der Schreckreize bekommt, wird durch diese natürlich zum völligen Psychopathen und das Herrchen sollte sofort in die Geschlossene eingewiesen werden. Jawohl!
Sowas tut man einfach nicht, den armen Wauzi erschrecken. 


Doch… wenn ich mir (auch wieder evolutionär) überlege, was passiert wäre wenn es eben kein negatives Feedback auf bestimmtes Verhalten geben würde komme ich – für mich (und ich halte es für möglich dass es durchaus Wissenschaftler gibt die das genauso sehen) auf folgendes Ergebnis: Die Menschheit (als Beispiel) wäre vielleicht tausend Jahre auf dem Planeten gewesen. Versteht man nicht? Wieder ein Beispiel: Lava ist heiss. Zuviel Lava ist so heiss, dass sie Organismen im ganzen verdampfen lässt. Hätten unsere Vorfahren diesen Schreckreiz nicht verarbeitet, könnte ich das hier jetzt gar nicht tippen.

Das ist Dir zu weit weg? Geht auch mit Kindern und Herdplatten. Was wäre es für eine Generation, wenn sämtliche Kinder nicht abschätzen können, was ne heisse Herdplatte ist? Also eine reele Gefahr, der man mit Verhaltensänderung begegnen kann - durch lernen und entsprechende Reize (von Leuten, die es durch "Schreck" - AUA - gelernt haben?)


Eleganterweise ziehe ich jetzt einmal den Bogen zu den Hunden. Vorzugsweise zu meinen. Insgesamt 100 Kilos, verteilt auf zwei Stück. Ich liebe die Viecher. Und ich mag keine Gewalt. Nirgends. Auch Schreien mag ich nicht. Aber ich bin ehrlich, wenn einer meiner kleinen Elfen auf die Idee kommt beispielsweise einem Kind ohne Grund (!) Aggression entgegen zu bringen (Zähne raus und go) – dann könnte es sein dass sie sich erschrecken. Weil Mama das überhaupt nicht lustig findet und so ein Verhalten bestimmt nicht in der nächsten Psychologischen Sitzung austanzen wird.

Da meine Hunde Kinder ziemlich cool finden, ist das Beispiel vielleicht ein wenig abwegig. Besser wäre doch folgendes Szenario: Der 60kg Rüde, übrigens bestens erzogen, empfindet den mir entgegen kommenden total blöden Aluschalen-Kleinsthund als drohende Gefahr. Der starrt den nämlich an und zieht alle „Du-bist-ein-Arschloch“ Register, die Hunde so drauf haben. Der Aluschalen-Hundebesitzer tanzt seinen Namen, was den Aluschalen-Hund ziemlich drittens interessiert.

Mein Rüde hat es nicht so mit Drohungen. Der geht davon aus, dass man ihn ernst nimmt. Sollte man auch. Nun sage ich ihm kurz und knackig dass ich nicht will dass der das Aluschalen-Tier frisst. Er denkt sich – ok, wenn die das sagt… aber Scheisse find ich den trotzdem.

Wie komme ich aber zu solchem Verhalten bei meinem Hund? Weil der Rüde sich einmal tierisch erschrocken hat. Über eine Reaktion von mir. Das hat gereicht.
Ergo: Keine toten Aluschalen-Hunde, Weltfrieden. Keine Auflagen durch Ämter durch wild durch die Gegend beissenden Molosser (wenn man sie lässt, entscheiden die selbst!).


Und jetzt bin ich böse, weil ich Schreck-Reize.
Verdammt nochmal, meinen Namen kann ich auch nicht tanzen.
Aber ich überlebe immerhin ohne Anzeigen, mit Hunden die ihre Grenzen kennen und ohne Weltherrschafts-Ambitionen auf der Couch liegen. Da isses nämlich gemütlich. Genauso wie im Bett. Und die Hunde finden es ziemlich cool zu wissen, wo ihre Grenzen sind. Innerhalb derer dürfen die nämlich...achtung trommelwirbel... Hund sein.


So soll doch jeder aus sämtlichen Erziehungs-Gedöns rausziehen was für ihn oder sie am besten ist.
Was das „Überleben“ für ihn selbst sichert. Warum muss es denn immer nach Schema F gehen? Ein Deckel passt – rein verhaltensbiologisch gesehen – eben nicht auf jeden Topf.


Der Rüde, damit bin ich gemeint :-)
© Foto: Antje Hachmann

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