Sonntag, 8. November 2015

"Ich wünsche mir mehr Rücksichtnahme!" - Interview mit dem Leiter des Veterinäramtes Düsseldorf (Klaus Meyer)


Die beiden Mischlingshunde Sam und Maggy (beide aus dem Tierheim) haben wir bei unserem Besuch bei Klaus Meyer, dem Leiter des Veterinäramtes Düsseldorf, leider nicht kennen gelernt. Ebensowenig seine 4 Esel: Rudi, Benny, Lukas und Nils. Das wäre dann im wahrsten Sinne des Wortes ein "tierisches Interview" geworden, zumal Rico Pferde und Esel auch sehr interessant findet.

Na das sind doch auch tolle Tiere. Auch wenn mir als Hund der Unterschied zwischen Pferden und Eseln nicht ganz klar ist... *neugierigschau*

Das macht nichts mein Kleiner, das wissen auch viele Menschen nicht ;-) Außerdem wärst du dann nicht so entspannt gewesen, wie bei unserem Interview-Termin; du warst völlig relaxed und lagst die meiste Zeit unter dem Tisch.

Naja, solche Interviews musst schon du führen, mein Gewuffe versteht doch kein Mensch *ohrennachvorn*

Eben, daher kommen wir jetzt direkt zu den Antworten von Herrn Meyer, der sich dankenswerterweise viel Zeit nahm unsere Fragen zu beantworten. Denn sein Terminkalender ist recht voll, immerhin ist das Aufgabenfeld von Veterinärämtern groß: von der Tierseuchenbekämpfung, der Überwachung von Tierarzneimitteln, über den Tierschutz, Listenhunde bis hin zur Überprüfung landwirtschaftlicher Erzeugerbetriebe u.v.m. Darunter sind auch Aufgaben, an die viele nicht sogleich denken, wenn sie vom Veterinäramt sprechen. Aber lest selber!


Klaus Meyer, Leiter des Veterinäramtes Düsseldorf im Interview

Was sind im Groben so die Aufgaben eines Amtsveterinärs in Düsseldorf?
Nun da sind natürlich sämtliche Aufgaben rund um Tiere. Das betrifft natürlich insbesondere die Haustiere, manchmal erreichen uns auch Fragen zu Wildtieren. So haben wir beispielsweise regelmäßig Fragen Rund um das Thema mit Füchsen in der Stadt. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch bei uns ähnlich wie in anderen Bundesländern und Kommunen Wildschweine und Waschbären sich wieder zeigen.

Außerdem gibt es ja noch den Düsseldorfer Flughafen, der eine internationale Drehscheibe ist und zu den wichtigsten Deutschlands zählt. Auch hier haben wir Einsätze, schon wenn Tiere, nicht selten Exoten, eingeflogen werden. Hier müssen auch die Kollegen vom Artenschutz eingeschaltet werden.

Was viele nicht wissen: auch die Lebensmittel-Überwachung gehört zu unseren Aufgaben.


Wie sieht so eine Lebensmittelkontrolle aus? Auf was achten Sie da?
Die Aufgabe wird von Lebensmittelkontrolleuren, Tierärzten und Lebensmittelchemikern in unserem Amt durchgeführt. Wir kontrollieren sowohl das Futter für die Tiere, als auch die Lebensmittel für Menschen. Es heißt ja nicht umsonst „Nahrungskette“. Um etwaige Krankheiten oder Rückstände zu vermeiden, müssen wir daher sowohl das Futter für die Tiere kontrollieren, als auch die anschließende Lebensmittelproduktion für Menschen. Das geht von einfachen Kontrollen der Hygienevorschriften bis hin zur aufwendigen Analyse von Proben im amtlichen Labor.


Welche Tierseuchen sind in einer Großstadt besonders gefährlich? Drohen unseren Hunden derzeit irgendwelche Gefahren?
Aktuell droht keine spezielle Tierseuche. Allerdings könnte der „Impfungsunwillen“ einiger Tierhalter dazu führen, dass längst ausgerottete geglaubte Krankheiten wieder aufflammen. Bei Nutztieren sind zahlreiche Impfungen verboten, da das europäische Tierseuchenrecht diese Schutzmaßnahmen nicht vorsieht, um den Ausbruch solcher Krankheiten frühzeitig erkennen zu können. Hinzu kommt durch die Globalisierung, dem damit verbundenen Reiseverkehr und den Klimawandel Krankheitserreger, die wir vorher eher in anderen Regionen sahen, z. B. die Blauzungenkrankheit bei Schafen.


Was sind so die größten Probleme mit Hunden in Düsseldorf?
Das sind leider noch immer die beiden Klassiker: die Leinenpflicht und Beißvorfälle.


Welche Verstöße gegen das Landeshundegesetz sind besonders häufig? Was ist Ihre Aufgabe bei solchen Verstößen?
Am häufigsten wird immer noch gegen die Leinenpflicht verstoßen. Was wiederum andere Unfälle zur Folge hat. Das ahndet jedoch das Ordnungsamt, die für die allgemeine Gefahrenabwehr zuständig sind. Wir werden meist danach eingeschaltet, wenn es darum geht, die Hunde zu begutachten und zu beurteilen. So hatten wir beispielsweise kürzlich den Fall, dass ein unangeleinter Hund von einem anderen angeleinten gebissen wurde. Als wir uns den Hund angesehen und begutachtet haben, kamen wir aber zu dem Schluss, dass er nicht aggressiv ist und befreiten ihn daher vom auferlegten Maulkorbzwang.

Da das Hundethema hochemotional ist, verstand nicht jeder unsere Entscheidung, besonders die Halter des gebissenen Hundes nicht. Ich hab da vollstes Verständnis für und hab daher auch persönlich noch mal mit den Haltern gesprochen und ihnen unsere Entscheidung erklärt.


Was wünschten Sie sich von Hundehaltern?
Mehr Rücksichtnahme. Wissen Sie, ich habe mehrere Jahre am Tierspital in Zürich gearbeitet, da laufen alle Hunde unangeleint rum. Das funktioniert aber nur, wenn jeder auf jeden Rücksicht nimmt: Hundehalter auf andere Hundehalter, aber auch auf Nicht-Hundehalter. Wenn ein Hund auf jemanden zuläuft und der das nicht möchte, dann wird er zurück gerufen und nicht erst diskutiert „Der will nur spielen...“. Oder wenn ein angeleinter Hund entgegen kommt, dann wird der eigene auch an die Leine oder bei Fuß genommen.


Also mehr Freiheit für die Hunde durch mehr Rücksichtnahme der Menschen?
Ja, genau! So kann man es zusammenfassen.


Wie sieht es mit Listenhunden aus? Haben wir viele Vorfälle?
Sicher, Beißvorfälle kommen immer wieder mal vor: zwischen Hunden, aber auch zwischen Hund und Mensch. Aber nein, mit Listenhunden haben wir in den vergangenen Jahren keine besonderen Probleme. Die Zahlen sind eher rückläufig, was sicher auch am verantwortungsbewussten Haltern liegt. Das war wohl früher anders, wobei sicher auch ein wenig Hysterie angefacht durch die mediale Berichterstattung mitspielte. Heute, wo auch wissenschaftliche Studien vorliegen, sehen das viele sachlicher.


Wie arbeiten Sie mit dem ehrenamtlichen Tierschutz zusammen?
Wir arbeiten sehr konstruktiv mit dem Tierschutz zusammen. Zum einen mit den örtlichen Tierschutzorganisationen und Tierheimen, aber zum anderen auch ganz praktisch. So erhalten wir viele Hinweise von Tierschützern, denen wir nachgehen und die sich dann leider auch immer wieder bewahrheiten. Dann schreiten wir als Amt ein, da haben wir ja wesentlich mehr Eingriffsrechte als die ehrenamtlichen Tierschützer. Die dürfen beispielsweise keine Tiere wegnehmen. (Anmerk. d. Red.: Rico war eine solche Beschlagnahmung, bei der Tierschützer und Veterinäramt zusammengearbeitet haben.)


Wie bewerten sie die Zusammenarbeit von Veterinäramt mit Tierschutz und/oder Hundetrainern? Was könnte man ihrer Meinung nach ändern oder sogar verbessern?
Die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Tierschützern klappt schon ganz gut. Auf beiden Seiten ist mit der Zeit viel Verständnis füreinander gewachsen. Den Tierschützern geht es aus verständlichen Gründen manchmal zu langsam, aber wir müssen uns halt an die Gesetze halten. Das verstehen die aber auch, so wie wir verstehen, wenn sie uns etwas Druck machen.

Mit den etablierten Hundetrainern haben wir auch gute Erfahrungen gemacht. Nicht zuletzt, weil die eh schon seit längerem den Kontakt zu uns halten. Allerdings sind in den vergangenen Jahren sehr viele Hundeschulen gegründet worden – mit ganz unterschiedlichen Qualitäten und Niveaus. Dadurch wurde eine gewisse Kontrolle nötig. Das passt aber offenbar nicht jedem.


Der § 11 des Tierschutzgesetzes sorgt ja derzeit für einige Aufregung bei den Hundetrainern. Wie ist die Situation in Düsseldorf? Teilen Sie die Bendenken und Kritik der Hundetrainer?
Die Kritikpunkte sind meistens
1) dass die Erlaubniserteilung in den Kommunen unterschiedlich gehandhabt werden und
2) der Vorwurf einer Art „Amtswillkür“.
Zum ersten Kritikpunkt ist zu sagen, dass ist eine Folge des föderalen Systems, das Tierschutzgesetz ist Bundesrecht, die Umsetzung erfolgt dann auf Länderebene. Und die Umsetzung ist eben eine kommunale Angelegenheit.

Was den zweiten Punkt angeht, kann ich verstehen, dass manche sich ungerecht behandelt fühlen. Aber um das hier in Düsseldorf möglichst fair und gewissenhaft für alle, die Hundetrainer, die Halter und vor allem für die Hunde, zu gestalten, haben wir eine Prüfung eingeführt, die aus zwei Teilbereichen besteht: ein theoretischer und eine praktischer Teil. Dabei unterstützen uns auf Hundeverhalten spezialisierte Tierärzte. Und bisher hat jeder, der alle nötigen Unterlagen bei uns eingereicht hat, die Prüfung bestanden und somit die Erlaubnis erhalten. Die Beschwerden können also – zumindest was Düsseldorf angeht – nur von denjenigen kommen, die gar keinen Antrag gestellt haben. Da ist die Frage erlaubt, ob eventuell andere Voraussetzungen nicht erfüllt werden. So muss beispielsweise auch ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt werden. Möglich, dass das nicht ganz „sauber“ ist und man daher keinen Antrag stellt... dann ist das Nörgeln zwar unfair, aber menschlich.


Kostet die Prüfung beim Veterinäramt für die Hundetrainer bzw. -schulen etwas? Sind Kurse bei anderen Anbietern dafür obligatorisch?
Die Gebühr ist an den Aufwand für die Prüfung gekoppelt, daher gibt es auch keine einheitliche Gebühr. Der Durchschnittswert liegt bei etwa 600 Euro. Schwankungen nach oben und unten hängen mit dem bereits erläuterten Zeitaufwand zusammen. Nach den Angaben der Kollegen gibt es Antragsteller, die sehr gute Unterlagen erreichen, die mit einer entsprechend schnellen Prüfung entschieden werden können, andere hingegen reichen mehr als 100 Seiten ein und am Ende kann davon nichts anerkannt werden. In solchen Fällen schließt sich dann in der Regel noch ein "Beratungsgespräch" an.


Mir kam zu Ohren, dass immer die gleiche Tierärztin bei den Prüfungen für die Hundetrainer/Hundeschulen hinzugezogen wird. Frau Celina del Amo ist aber nicht nur Tierärztin, sondern auch Hundetrainerin. Außerdem verlangt sie wohl, dass die Teilnehmer vor der Prüfung beim Veterinäramt einen Kurs bei ihr besuchen, der 800 Euro kostet. Sehen Sie da keinen Interessenskonflikt? Und wie soll das in Zukunft verhindert werden?
Nein, wir erkennen auch andere Prüfungen an. Zudem entscheidet immer der amtliche Tierarzt, ob eine Prüfung bestanden wurde und nicht der oder die von uns mit Teilbereichen beauftragte Sachverständige. Kurse bei der Fachtierärztin müssen auch nicht besucht werden und es ist auch keine entsprechende Beschwerde an uns herangetragen worden.

Daher ist ein Interessenskonflikt ausgeschlossen!

Rico im Büro des Amtsleiters Klaus Meyer, er hat selber 2 Hunde (aus dem Tierheim) und 4 Esel


1 Kommentar:

  1. Hallo Maximillian,

    Ich habe eben Deinen Artikel (oder den deines Hundes) gelesen. Leider hinkt es bei den Aussagen des Vet. Amts Herren an allen Ecken. Denn die Umsetzung des §11 für Hundetrainer ist bei weitem nicht so harmlos, wie der Herr es darstellt.
    Die Ämter handeln willkürlich! Die Kosten für die Prüfungen belaufen sich von 150 Euro bis 1500 Euro. Der genannte Test ist gänzlich unausgereift, selbstlernend und beinhaltet zu ⅔ tiermedizinische Fragen (für Hundetrainer?). Die Ämter erkennen nur Ausbildungen weniger (privaten) Institute an, die bei weitem nicht die Besten sind. Die nämlich schulen genau das, worüber Wilfried sprach :-(. Falken & Ziemen ist im übrigen auch nicht offiziell anerkannt. Die Zertifizierungen der Tierärztekammer Niedersachen und Schleswig-Holstein ist ebenfalls anerkannt, obwohl die nicht einmal ausbilden! Hallo??? Wer nicht ausbildet, kann auch nicht prüfen. Ganz klar!

    Die Ämter schaffen sich damit ein ungerechtfertigtes Machtmonopol und lassen etablierte Hundetrainer über die Klinge springen.

    Und selbstverständlich ist es ein Interessenkonflikt, wenn eine Tierärztin und Hundeschulbesitzerin eine Kollegin prüft. Der gesamte Prüfungsablauf, egal bei welchem Vet Amt beinhaltet nicht, ob tierschutzwidrig gearbeitet wird, sondern die Methodik wir in Frage gestellt. Dafür wurde das Gesetzt nie geschrieben.

    Zur Zeit läuft es, als Vergleich so, als ob ein Kinderarzt die Arbeit einer Kindergärtnerin überprüft. Geht gar nicht!!!

    Es ist schade, dass der Artikel in dieser Form online gegangen ist, weil es das tatsächliche Bild gänzlich verzerrt, nein, sogar gänzlich falsch darstellt.
    Solltest Du Interesse an einer ehrlichen, der Wahrheit entsprechenden Darstellung haben, kann ich Dir haufenweise Seiten, Interviews und Menschen vorstellen, die tief in der Thematik drinstecken.

    Mit freundlichen Grüßen
    Ixe D. Schäfer
    Lingua Canina
    Hunde Erziehungsberaterin, die sich zur Wehr setzt.

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