Sonntag, 2. Februar 2020

Im Gespräch mit dem „Hund-Mensch-Therapeuten“ José Arce

José Arce mag die Bezeichnung Hundetrainer für sich nicht, er bevorzugt daher „Hund-Mensch-Therapeut“. ­Damit will der mit seinen fünf Doggen auf Mallorca ­lebende Trainer und Buchautor aber nicht sagen, dass er psychische Krankheiten im klassischen Sinne heilt. ­Vielmehr versteht der 1974 geborene Spanier sich als ­Beziehungsberater. Denn für ihn gilt primär: Ist die ­Beziehung zwischen Hund und Halter in Ordnung, ist der Rest sekundär.


Vertrauen ist die Basis einer jeden guten Beziehung!

WUFF-Gassireporter Maximilian Pisacane sprach den Buchautor und Hundeversteher José Arce zum Interview:

Pisacane: Eigentlich wolltest du doch nach deinem ersten Buch, wo es um Gefühle und Beziehungen geht, keinen Hunde­ratgeber schreiben. Was hat deine Meinung geändert?

José Arce: Streng genommen ist es ja kein Ratgeber-, sondern ein Praxisbuch. Denn durch meine zahlreichen Lehrgänge konnte ich viele Mensch-Hunde-Teams kennen lernen. Dabei sind mir vor allem zwei Punkte aufgefallen, die auch im Hunde­magazin WUFF und in eurem GASSIREPORT immer wieder eine große Rolle spielen: 1) eine große Unwissenheit über Hunde und 2) zu wenig Empathie und Verständnis für das Wesen des Hundes. Viele Menschen sind einfach zu ungeduldig im Umgang mit ihrem Hund. Statt dessen sollten sie die Zeit mit ihrem Hund und seine Instinkte mehr genießen. So erkläre ich mir auch, warum so viele Menschen Probleme mit ihrem Hund haben. Denn streng genommen gibt es keine wirklichen Problemhunde! Das ist eine der seltsam-skurrilen Auswüchse derzeit in der Hundeszene. Und da ich nicht nachvollziehen kann, dass man sich über Hunde und ihr Wesen nicht informiert, wenn man einen hält, war also ein Buch die logische Konsequenz, um mehr Informationen zu verbreiten.



Pisacane: Aber einige haben auch schwierige Hunde, ­eventuell mit einer schwierigen Vorgeschichte …

José Arce: Ja, aber für mich sind Schwierigkeiten in erster Linie etwas Neues, was es zu erkunden und entdecken gilt. Das muss man also gar nicht so negativ sehen, eher neutraler, als einfach etwas, was man so noch nicht kennt. Und schon strahlt man mehr Ruhe aus. Das ist wegen der Stimmungsübertragung viel besser als der Frust darüber, dass irgendwas nicht geklappt hat. Und nur weil sie scheitern oder mit sich unzufrieden sind, projizieren sie das auf ihre Hunde und ­deklarieren sie als Problemhunde. Das ist zwar menschlich, aber unfair.


Fairness ist auch für Hunde wichtig - aber hündische!

Pisacane: In deinem Buch schreibst du, dass in jedem Hund ein Wolf steckt. Da würde dir aber so mancher Wissenschaftler widersprechen.

José Arce: Ich schrieb das Buch auch nicht als wissenschaftliche ­Abhandlung, sondern für den Otto-Normal-­Halter. Daher ging es mir hauptsächlich um Verständlichkeit und nicht um wissen­schaftliche Genauigkeit. Ob im ­Chihuahua nun 2 Prozent, 1 Prozent oder 0,873 Prozent von den Genen noch vom Wolf sind und bei anderen Hunde­rassen mehr oder weniger, ist sicherlich wissenschaftlich interessant, aber für meine Botschaft nicht so relevant. ­Wichtig bei dem bildlichen Vergleich war mir, dass der Hund von einem Raub- und Rudeltier abstammt und sich daraus gewisse Verhaltensweisen ab­leiten. So wie auch bei uns Menschen bei den Primaten.

Pisacane: Aber vermenschlichst du den Hund nicht an manchen Stellen?

José Arce: Nein, nicht wirklich. Denn der Hund ist kein wildes Tier mehr. Er hat mit uns Menschen ja eine Koevolution mitgemacht. Und Domestizierung ist immer auch eine teilweise Vermensch­lichung. Die Frage ist nur, welches Maß. Ich sage: Genieße den Hund wie einen Menschen, aber lass ihn Hund sein!


Ein Team bilden, ohne zu vermenschlichen

Pisacane: Wie meinst du das genau?

José Arce: Nun ja, viele sind doch gefrustet, wenn ihr Hund nicht wie ein Mensch reagiert. Das ist sehr egoistisch, denn er kann doch gar nicht anders, als wie ein Hund zu agieren. Da ist es nicht verwunderlich, wenn sich der Frust dann gegenseitig hochschaukelt. Daher schaue ich mir immer an, was das für ein Mensch ist, was das für ein Hund ist, und vor allem: was das für eine Beziehung ist. Denn wenn Hund und Mensch sich verstehen, dann ist das für mich eine gute Beziehung.

Pisacane: Demnach würdest du sagen, dass Beziehung vor Erziehung geht?

José Arce: Eine gute Beziehung macht die Erziehung auf jeden Fall leichter. Allerdings würde ich das nicht so ganz strikt trennen, denn so manche Beziehungsarbeit erzieht auch und so manche Erziehung ist auch förderlich für die Beziehung. Dabei helfen einem Menschenverstand und Bauchgefühl! Viele Menschen machen sich einfach zu viele Gedanken, sind zu kopflastig bei der Sache, dabei ist es viel einfacher als viele denken. Daher sage ich immer: Erkenne, respektiere und liebe deinen Hund!




Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 02/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag "Erkenne, respektiere und liebe deinen Hund!" sagt José Arce - aber was heißt das?

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