Völlig unvorhergesehen passierte es. (Aufmerksame Leser unserer GASSIREPORT-Seite bei Facebook wissen es schon.) Eigentlich begann es wie ein ganz normaler Tag: Wir waren am Rhein und drehten da eine schöne Runde. Doch zum Abend hin, ging es Rico drastisch schlechter. Er atmete schwer, sabberte stark... Ganz klar: Er hat Schmerzen! Erst dachte ich ja in meiner Panik, dass er was falsches gefressen hatte (er frisst ja so gerne Gras) oder gar Nierenversagen. Vor allem, als er dann sogar sein Fressen nicht anrührte, wuchsen meine Sorgen exponentiell. Ich bemerkte sogar einen Anflug von Panik und Angst, den ich Rico zu Liebe aber sogleich unterdrückte - ich wollte ihn nicht durch die Stimmungsübertragung noch mehr verunsichern. Ich war drauf und dran mit ihm Nachts in die Tierklinik zu fahren. Doch als ich sein Humpeln bemerkte war ich zumindest etwas graduell "beruhigt", dass es keine Vergiftung oder Ähnliches war. Als ich sein humpelndes Bein etwas abtastete und bewegte jaulte Rico sogar auf - etwas was er sonst so gut wie nie machte (ich kann mich nur an eine andere Situation erinnern, wo er mal vor Schmerz jaulte). Dennoch war es eine schlimme Nacht für uns: Für Rico wegen seiner Schmerzen und für mich, weil ich mitlitt und nicht schlafen konnte...
Zum Glück verbesserte sich aber später aber Ricos Zustand wieder ein wenig. Er aß sogar sein Essen, wenn auch nur durch meine Hand Fütterung. Schon am nächsten Tag ging es ihm dann zum Glück besser. Er humpelte zwar stark aber die anderen Alarmsignale fehlten. Allerdings war er nach nur einer kleinen Runde von insgesamt 150 Metern schon völlig erschöpft. Klar, er hatte ja immernoch Schmerzen. Ich vermutete mittlerweile ja bereits, dass es Arthrose ist. Machte daher einen Termin bei unserer Tierärztin; da wollte ich ja eh hin, um mal wieder seine Lipome zu überprüfen. Auch sie kam zur Diagnose Arthrose. Doch sicherheithalber wollte ich ihn durchchecken. Immerhin ist er ja schon fast 11 Jahre alt - für einen Hund seiner Größe schon ein sehr stolzes Alter. Also machten wir Blutcheck, haben ihn geröntgt (was Rico vorblildlich mitmachte, ganz ohne Narkose), Ultraschall, die Lipome mal wieder punktiert und sowohl im Praxislabor untersucht als auch ins größere Labor geschickt...das volle Programm halt. Da kam nichts bei raus: Seine Blutwerte sind top - gerade in Hinblick auf sein Alter. Alles im Allem also ein top-fitter Hund - bis auf die Arthrose.
Zunächst bekam Rico eine Spritze um die Entzündung zurück zu drängen und ihm die Schmerzen zu nehmen. Zusätzlich sollte ich ihm eine Woche lang Tabletten geben: 1,5 Tabletten Galliprant am Tag eine Woche lang. Dadurch verbesserte sich dann Ricos Zustand ein wenig. Er ließ sich minimal leichter zu einer Gassirunde überreden, fraß wieder ganz normal von selber etc. Doch dieser Zustand war nicht etwa stabil, seine Tagesform wechselte - vor allem in Abhängigkeit vom Wetter.
So hatte ich nun einiges umzuorganisieren. Vor allem das Gassigehen. denn leon braucht ja wesentlich mehr Bewegung. So begann ich mit euch getrennt zu gehen. Oder genauer gesagt: Erst die kurze Runde (die war zwar nicht lang an Meter, kostete aber dennoch fast eine halbe Stunde Zeit) mit euch gemeinsam, dann nochmal eine größere Runde mit Leon.
An dieser Stelle muss ich Klein-Leon ein kompliment machen. Sicher Anfangs war es schwierig mit euch beiden, denn wie sollte Leon auch begreifen, dass wir nun mehr Rücksicht auf Rico nehmen musste. Aber schon nach 2 oder 3 Gassigängen hatte Leon begriffen, dass diese Runde Rico halt Priorität hat. Daher nervten mich seine sonst sehr lustigen Eskapaden sehr. Ich war sogar manchmal etwas ungerecht zu ihm und reagierte heftiger als sonst - wenn ich daran zurückdenke, tut es mir heute noch leid (auch wenn er es mir nicht übel nimmt). Mittlerweile tritt er sogar ganz in den Hintergrund. Übernimmt in dieser Zeit die Aufpasserrolle - aber sehr dezent im Hintergrund, zumindest wenn es keinen Anlass gibt. Ich muss halt nur aufpassen, dass uns niemand zu nahe kommt, denn dann will Leon die Person vergraulen um seinen Kumpel Rico zu schützen.
Jedenfalls standen wir diese Zeit ganz gut durch, auch wenn in einem heftigen Wechselbad der Gefühle. Keine Ahnung, wie das bei anderen ist. Ich vergleich mich ja nicht gern mit anderen, da ich der Überzeugung bin, dass jeder Mensch individuell zu sehen ist und anders fühlt. Aber mich machte das emotional fertig. Vor allem ein Gedanke schmerzte mich sehr: Die Gewissheit, dass wir in nicht allzuferner Zukunft Abschied nehmen müssen. Immerwieder kam zwar dieser Gedanke, diese Angst auf, doch konnte ich ihn immer schnell verdrängen - nicht zuletzt gerade durch Ricos mithilfe. Aber jetzt gelang es mir nicht mehr. Zu sehr nahmen mich seine Schmerzen mit, zu sehr litt ich darunter zu sehen, wie es ihm ging...
Wer dich kennt, weiß mit welcher Eleganz und Anmut du dich immer bewegt hast. Es hatte etwas edles zu sehen, wie Rico trotz seiner Größe leichtfüßig dahertrippelte. Umso mehr schlug nun die Veränderung zu.
Beim nächsten Tierarzt-Termin etwa einen Monat später bekam er dann eine Spritze Librela. Das brachte schon eine deutliche Verbesserung. Allerdings nicht auf dauer. Je nach Wetter änderte sich sein Zustand, aber er war nie so dramatisch wie an dem ersten Abend. Leider ließ die Wirkung recht rasch nach.nach 2-3 Wochen wurde es wieder schlechter. Das ist aber nicht verwunderlich, denn die 1. Librela Spritze soll ja eine "Halbwertzeit" von ca. 16 Tagen haben. Tabletten bekam er ja nicht mehr dauern, ich gab ihm nur welche an den schlimmen Tagen. Das half. Dennoch baute Rico stark ab, vor allem was die Muskulatur angeht...
Die zweite Librela Spritze dann brachte eine deutliche Verbesserung. Schon einen tag danach, ging es Rico deutlich besser. Er humpelte zwar noch ein wenig und war schnell erschöpft, aber statt wie vorher nur 150 Metern schaffte er auf anhieb 400-500 Meter. Auch vom ganzen verhalten her, zeigte er ein deutlicheres Wohlbefinden: Er wälzte sich vor Freude oft im Gras, versuchte einen Freudenhüpfer als Es Futter gab (was ihm eine kleine Ermahnung von mir einbrachte) und war auch snst wesentlich aktiver, weniger apathisch.
Doch leider hielt der Zustand nicht lange: Mittwochs hatte er sein Spritze bekommen, Donnerstag ging es ihm dann ein paar Tage sehr gut, mit täglichen Verbesserungen. Doch seit dem Montag Nachmittag danach verschlechterte sich sein Zustand dramatisch. Wieder schweres Atmen, viel Sabbern, kaum zum Aufstehen zu motivieren, ja selbst Futter verweigert er auch per Handfütterung. Dieses Wechselbad der Gefühle machte mich fertig, aber ich bin da nicht wichtig, viel wichtiger war mir, dass es ihm besser ging um seiner selbst willen. Und so versuche ich ständig in seinem Beisein Zuversicht und Freude auszustrahlen, um ihn nicht noch mehr zu beunruhigen. Das fällt mir nicht leicht, nicht nur wegen meiner schlechten Schauspielkünste, sondern auch vor allem wegen meiner Sorge um Rico. Ich hab eh meine Zweifel daran, dass er mich nicht durchschaut - zu gut sind einfach die Sinne unserer Hunde, als dass wir ihnen was vormachen könnten.
Aber wie bereits gesagt: Ich bin egal, wichtig ist jetzt nur Rico. Und wie ich ihm bereits am ersten Tag bei seiem Einzug versprochen habe und es ihm auch bei seiner Arthrose nochmal wiederholt habe, egal was passiert: Wir gehen jeden Weg gemeinsam! so wie es echte Partner tun und wie es einem die Liebe befiehlt. Ich hoffe so sehr, dass wir das halbwegs in den Griff bekommen, zumal Rico ja ansonsten kerngesund ist - die Hoffnung stirbt eben zuletzt. Wieder eine Änderung in meinem Leben, die ich Rico verdanke. War ich früher ein teils emotionsloser Realist, klammere ich mich jetzt dch an jede Hoffnung. Rico ist halt auch noch im fortgeschrittenen Alter und mit Schmerzen ein guter Lehrmeister. Längst habe ich noch nicht alle seine Lektionen gelernt, ich habe noch so viel von ihm zu lernen - und so tue ich etwas, was ich lange nicht mehr getan habe: ich bete darum, dass es ihm bald besser geht und wir noch einige schöne Momente haben in denen er mir noch so viel beibringen kann... Aber letzlich ist es seine Entscheidung. Und egal wie er sie trifft, ich werde sie mittragen und mitgehen bis zum Ende - wie alles in den vergangenen fast 11 Jahren gehen wir auch diesen Phase gemeinsam.
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