Sonntag, 28. Februar 2021

Am Rande von ­Hunde­ausstellungen zeigt sich der falsche Ehrgeiz so ­mancher Halter

Bei Hundeausstellungen spielen sich abseits des Vorführrings Dramen ab: Von der heulenden Züchterin bis hin zur gefrusteten Halterin, die ihre Enttäuschung den Hund im wahrsten ­Sinne des Wortes spüren lässt. Ist das noch ­Liebe zum Hund? Oder nicht doch vielmehr falscher ­Ehrgeiz?

Dramatische Szenen spielen sich am Rande des Ringes ab. Nicht eines Catcher-, Box- oder ­Mixed-Martial-Arts-Rings – da würde es ja noch passen. Nein, am Rande von den Ringen meine ich, die man auf Hundeausstellungen antrifft: Zitternde Hunde, die Rute zwischen den Schenkeln eingeklemmt, den Kopf gesenkt – eingeschüchtert, ängstlich. So manch einer wurde mehr oder weniger rabiat zum Ring gezerrt (warum schreiten da eigentlich die Ringrichter nicht mal ein?). Nicht wenige pinkeln vor Aufregung – rund um den Ring häufen sich die Pfützen, das hysterische Kläffen einiger Fellfreunde auch. Selbst Nicht-Hundeerfahrene erkennen sofort: Hundespaß sieht anders aus.

Und dann im Ring selber. Ich will gar nicht wieder das Fass zum Thema Qualzuchten aufmachen (darüber schrieben wir ja bereits in WUFF 05/2016). Ich will auch gar nicht über die ­aufgepuschelten, überfrisierten und mit Abdeckstift bearbeiteten Hunde schreiben – über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten. 😉 Aber wie die Hunde dort teilweise an der Show-Leine würgend geführt werden, damit ja der Kopf oben bleibt. Bei manch einem wirkte der Gang in etwa so natürlich wie der eines Models auf dem Catwalk. An so mancher Rute wurde gezogen, damit die ja auch hübsch nach oben zeigt. Dabei hätten einige Hunde sie aber viel lieber zwischen ihren Schenkeln eingeklemmt.

Wollen Halter ihre eigenen Komplexe damit kompensieren, dass ihre Hunde was "reißen", das sie selber nie erreichen würden?

Irgendwie erinnert mich das Ganze ein wenig an die überehrgeizigen Eltern, die ihre Kinder aufgemotzt und gepimpt zu Castingshows schicken. Und mal ­ehrlich: So mancher der Halter(innen) hätte viel mehr eine Typberatung gebraucht als ihr Hund. 🙂

Aber wirklich erschrocken war ich darüber, was ich teilweise hinter den Hallen erlebte … Ich meine jetzt nicht die Tränen, die einige vergossen haben – das ist ja noch harmlos. Aber so mancher gefrustete Aussteller ließ seinen Unmut über die schlechte Benotung seinen Hund spüren. Einmal sah ich an mir vorbeigehend, wie eine für die Show stark geschminkte Halterin im Glitzerkostüm ihren Hund mit dem Luftballon schlug. Ich fragte sie mit aller Höflichkeit, die ich angesichts der Situation aufbringen konnte, warum sie das denn täte. Sie blaffte mich sogleich an, ich solle mich nicht einmischen und hätte eh keine Ahnung. Nun, was diese Ausstellungen betrifft, mag es durchaus sein, dass ich keine Ahnung habe. Aber möchte ich das überhaupt, wenn da solche Leute mitmachen? Mein ­Doggen-Wookiee Rico jedenfalls antwortete der Frau mit einem sehr gelassenen, tiefen Beschwerde-Wuffer (schon praktisch so ein Hund, der gern das letzte Wort hat). Ein andermal sah ich bei einem Halter, den ich zuvor im Ring gesehen hatte, wiederholt heftige Leinenrucke – ohne dass der Hund etwas getan hatte. Zwar konnte ich auf die Entfernung die Worte nicht verstehen, aber die Körpersprache und die Töne ließen nur den Schluss zu, dass er mit seinem Hund schimpfte …

Da war der zackige Gang mancher Halter mit finsterem Blick, ihren Hund aber keines Blickes würdigend, direkt zum Auto in die Box, ja geradezu noch zärtlich im Vergleich. Da wundert es mich nicht, dass solche Hunde bei der nächsten Ausstellung, nach solchen negativen Erfahrungen, auch nicht gerade mit Freude und Souveränität den Ring betreten wollen. Und wie es mit dem Vertrauen zum Halter langfristig bestellt sein mag, wenn sich solche Erfahrungen wieder­holen, mag ich mir nicht mal ausmalen.

Muss das sein? Den eigenen übersteigerten Ehrgeiz mit dem Hund erfüllen zu wollen, finde ich schon schlimm genug, aber dann auch noch das Scheitern an ihm auszulassen, das nenne ich an ­dieser Stelle besser mal nicht beim Namen …

Wie wäre es denn bei diesen Ausstellungen, wenn man ein paar Tierschutz-­Beauftragte bestimmt, die solch ein Verhalten ahnden – beispielsweise auch mit Punkteabzug bei der Endwertung? Okay, zugegeben, der Gedanke ist nicht wirklich zu Ende gedacht. Aber es kann doch nicht sein, dass wir diese wunderbaren Tiere, die selbst dann noch ihren Halter über alles lieben, dafür quälen, nur weil sie nicht genug Punkte geholt haben. Ihr Wert bemisst sich doch nicht nach einem Ausstellungsergebnis – oder doch?

Klar, es gibt auch echte Rampensäue ­unter den Hunden. Es sind halt Indi­viduen. So manch einer schien die Show und die Aufmerksamkeit geradezu zu genießen. Ich nehme mal an, dass diese Hunde auch keine Repressalien zu befürchten haben, wenn das Ergebnis halt nicht so dolle ausfällt. Ihre Halter lieben sie dennoch – oder gerade deswegen (und das spüren ihre Hunde auch dank der Stimmungsübertragung!). Offenbar machen sie mit nach dem olympischen Motto: „Dabei sein ist alles.“ Sie sehen es wohl einfach als lustigen Spaß und als gemeinsames Erlebnis mit ihrem Hund.

Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 02/2018; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Freundschaft bemisst sich nicht nach Punkten!

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Samstag, 30. Januar 2021

Einfache Kommunikationsmodelle taugen nichts …

Viele Hundehalter und Hundetrainer haben bei der Kommunikation mit ihrem Hund noch ein einfaches Sender-Empfänger-Modell im Kopf. Doch das ist veraltet und verdeutlicht viele Reaktionen der Hunde nicht. So erklärt sich auch so manches Kommunikationsproblem mit dem Hund. Da unsere Vierbeiner soziale Wesen sind, sollten wir daher komplexere Kommunikationsmodelle verwenden …

Ich wundere mich immer wieder bei unseren Gassi-Begegnungen und ­Recherchen, wie viele Halter, aber – und das ist noch seltsamer – auch Hundetrainer mit dem veralteten Sender-Empfänger-Modell der Kommunikation hantieren. Dieses von den beiden Mathematikern Claude E. Shannon und Warren Weaver (daher auch Shannon-Weaver-Modell genannt) Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts entwickelte Modell war in der Kommunikationswissenschaft bereits Mitte der 50er nicht mehr en vogue. Stellt es doch den Sender zu sehr in den Vordergrund und berücksichtigt weder die Botschaft, noch was der Empfänger damit anstellt. Dabei muss man gar nicht erst Kommunikationswissenschaftler sein; ein Blick in Wikipedia unter Kommunikationsmodelle genügt schon: „Das ­Shannon-Weaver-Modell orientiert sich an technischen Aspekten der Signalübertragung. […] Deshalb ist dieses Modell zur Beschreibung sozialer Kommunika­tionsprozesse nicht geeignet.“

Kommunikation zwischen Hund und Halter
Kommunikation zwischen Hund und Halter
Foto: Lutz Borger

Angesichts der sozialen Natur unserer Hunde ist es daher für mich nicht nachvollziehbar, warum so mancher damit noch arbeitet. Es degradiert diese wunderbar komplexen, sozialen Wesen quasi zu Radioempfängern. Und welcher Halter kennt das nicht: Trotz gleichem Befehl reagieren Hunde auch mal anders – sie sind also alles andere als bloße Signalempfänger. Die intendierte Wirkung ist eben nicht gleich der tatsächlichen. So müsste es aber nach dem Sender-Empfänger-Modell jedoch sein.

Klar, das Sender-Empfänger-Modell besticht durch seine Einfachheit. Wohl daher benutzen es auch heutzutage immer noch viele. Aber so bequem das auch sein mag, so fatal kann es beim Verständnis der Kommunikation mit unseren Hunden sein. Interaktionistische Kommunikationsmodelle sind da zur Analyse und Erklärung wesentlich geeigneter. Nehmen wir mal beispielsweise den Transaktionalen Ansatz nach Werner Früh und Klaus Schönbach (meiner persönlichen Meinung nach eignet er sich am besten für die Kommunikation zwischen Hund und Mensch und ist nicht ganz so kompliziert wie andere Modelle): Er integriert Wirkungs- (Stimulus-Response, S-O-R) und Nutzen­ansatz (Uses and Gratification), indem sowohl der Kommunikator als auch der Rezipient als aktive und als passive Kommunikationsteilnehmer verstanden werden.


Es ergänzt die Kommunikation zwischen zwei Wesen, auch Inter-­Kommunikation genannt, noch um die Ebene der ­Intra- Kommunikation – also des eigenen internen Kommunikationsprozesses, der Verarbeitung der eingehenden Signale anhand der Situation, des Erlernten, des Erfahrenen, aber auch der Emotionen und Mentalitäten.

Schließlich wissen wir ja schon lange, dass unsere Hunde nicht so dumm sind und Situationen durchaus unterscheiden können. Nicht selten klappt so manche Übung auf dem Trainingsplatz, doch in freier Wildbahn eben nicht. Oder denken wir nur daran, dass unsere Hunde manchmal einen Hund anbellen und manchmal nicht. Zum einen kommt es natürlich auch auf die Signale an, die der andere Hund sendet; aber vielfach kommt auch die so genannte Reiz­akkumulation zum Tragen. Auch hier finden interaktionistische Kommunikationsmodelle – im Gegensatz zum Sender-Empfänger-Modell – einen Grund: Denn auch wenn die Inter-Kommunika­tion zwischen Halter und Hund die gleiche sein mag, so ist die Intra-­Kommunikation des Hundes nun in dem Augenblick eine andere.

Denn die Realität ist ja bekanntlich ein Konstrukt. Nicht zuletzt basiert sie auf der Wahrnehmung. Und diese ist aufgrund der anderen Sinnesprioritäten beim Hund (anders als bei uns Menschen orientieren sich Hunde ja stärker an Gerüchen) dann eine ganz andere. Ihre Realitätskonstruktion ist folglich eine ganz andere.

Neben Inter- und Intra-­Kommunikation berücksichtigen interaktionistische Ansätze auch eine Feedback-Schleife. Auf die Kommunikation zwischen Hund und Halter wäre hier (unter anderem) das weite und wichtige Feld der Stimmungsübertragung zu verorten – oder wie es das Döggelchen Rico in unserem Blog gerne flappsig-metaphorisch nennt: semi-telepathische Verbindung. 😉

Kommunizier mit mir - aber richtig!

Sicher, diese Kommunikationsmodelle wurden ursprünglich für die menschliche Kommunikation entwickelt. Aber meiner Ansicht nach eignen sie sich ganz allgemein bei der Kommunikation zwischen sozialen Wesen – nur die Signale, also quasi die „Sprache“ ändert sich. Wir sollten endlich anfangen, unsere Hunde als individuelle und soziale Wesen wahrzunehmen. Als wesentlichem Bestandteil kommt der Kommunikation da eine maßgebliche Rolle zu. Und als soziale Wesen sollten wir sie auch dabei ernst nehmen und nicht nur als reine Empfänger unserer zuweilen doch recht widersprüchlichen Signale. Es ist für mich daher immer ein kleines Wunder, wenn Hunde uns „felllose Primaten“ dennoch verstehen. Eine Eigenschaft, die wir oft nicht mal innerhalb der eigenen Art schaffen.



Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 01/2018; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Nehmt uns Hunde als Kommunikationspartner ernst!


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Mittwoch, 23. Dezember 2020

Ein Blick in den Mikro-­Kosmos der Geruchspartikel

Die Geruchswelt der Hunde bleibt uns Menschen ein Geheimnis. Dabei ist sie der Schlüssel zu ihrer Wahrnehmung. Es lohnt also mal , sich hineinzuversetzen und den Blick auf Geruchsquellen zu richten.
 
Alles verschwimmt vor meinen Augen. Nur unscharf erkenne ich Konturen. Voll konzentriert, schiebt sich vor mein geistiges Auge eine Schablone, ähnlich einer Sonnenbrille – oder in diesem Fall besser – eine geistige „Geruchsbrille“.
 
Nase an Nase - es gibt immer was Spannendes zu erschnüffeln!
 
Kennen Sie schon „Odorisation“? Nein!? Nun, das ist keine Schande, denn so nenne ich ein neues Spiel (aus Odor = lat. für Geruch und Imagination = psychische Fähigkeit, Bilder im Geiste zu entwickeln und diese mit dem inneren geistigen Auge anschaulich wahrzunehmen). Ich ersann es nach meinem Besuch beim SHZ Suchhundezentrum in der Schweiz, wo ich vor allem sehr viel über die Verteilung von Geruchspartikeln gelernt habe: Ich verstelle meinen Augenfokus, schon um von den visuellen Reizen nicht ganz abgelenkt zu sein; außerdem hat durch die Unschärfe ja alles eine gewisse Aura, die in diesem Fall quasi die intensive Geruchsaura darstellt. Bevor einer meckert: ja, der Vergleich hinkt, aber ich kann nichts dafür, dass unsere Menschensinne nicht identisch mit dem unserer Hunde sind – daher verwende ich auch mal „hinkende“ Hilfsmittel, um mich in sie hineinzuversetzen (wie sehr mich die Geruchswelt der Hunde fasziniert, hatte ich ja bereits in unserer Kolumne in WUFF 01/2017 erzählt).
 
Mit diesem verschwommenen (und auch leicht glasigen) Blick laufe ich nun Gassi, das Döggelchen Rico schlendert entspannt neben mir – die Nase am Boden. Seine Körperachse verrät mir schon, in welche Richtung die Spur geht. Ich konzentriere mich auf die bereits erwähnte gedankliche „Schablone“, nutze die Technik der Imagination und versuche alle möglichen Gerüche schon im Vorfeld mir zu visualisieren (ich muss den Umweg über die Augen machen, mein Riechzentrum ist ja ausgebreitet nur so groß wie eine Briefmarke, seines hingegen wie ein DIN A 4 Blatt). Da ist ein Mülleimer, voller verlockender Gerüche, teils schon verdorbene Speisen (für Hunde ja oft eine Leckerei), kleinste Restpartikel vom Inhalt haften auch noch an Verpackungen … Will er dahin? Da erblicken meine auf Odorisation gestellte Augen (verschwommen) den Baum, am unteren Ende ein dunkler Fleck; hier hat wohl jemand markiert. Der Wind kommt leicht von der Seite … DAS ist sicher sein Ziel, denke ich. Zur Überprüfung blicke ich auf Rico: In der Tat ist seine Körperachse direkt auf den Baum gerichtet, nur minimal, denn der Mülleimer steht keine zwei Meter neben dem Baum.
 
Um zu VERSTEHEN, muss man sich in den anderen HINEINVERETZEN!

Für uns zwar unsichtbar, aber die Welt ist voller Partikel, genauer gesagt Geruchspartikel. Unsere Sprache hat nicht einmal genug Begriffe, um alle Geruchsvarianten differenziert zu benennen. Wir Menschen nehmen nur einen Bruchteil davon wahr: So hat geruchstechnisch der Wahrnehmungsraum eines Hundes in etwa die Größe einer Lagerhalle, wir felllosen Primaten kommen da gerade auf die Größe eines Schuhkartons. Und dieser Mikrokosmos funktioniert nach seinen eigenen Regeln, weiß Kerstin Hennings, Leiterin des SHZ Suchhundezentrums: „Lebewesen hinterlassen klebende und schwebende Spuren, bestehend eben aus schweren und leichteren Partikeln. Man muss sich diese wie Cornflakes vorstellen. Sie werden beeinflusst von Temperaturschwankungen, Wind, Regen und Sonne, sowie so genanntem Mikro-Klima, wie es durch die Umgebung entsteht – z.B. kleine Luftverwirbelungen in zugigen Ecken oder Ähnliches.“
 
Sicher, mein Odorisations-Blick kann es nicht wirklich mit einer Hundenase aufnehmen. Seine Differenziertheit kann er gar nicht erreichen. Und schon bei Gerüchen, die nicht auf sichtbaren Dingen haften, findet er seine ­Grenzen, so beispielsweise im Sand. Oder auch, wenn zu viele sichtbare Sachen vorhanden sind, wie dichtes Gebüsch und Blätterwerk im Wald. Oder aber gerade jetzt zur Weihnachtszeit, mit all ihren typischen Düften, von Bratwürsten, Glühwein, gebrannten Mandeln und Gebäck. Umso mehr sollten wir Menschen Respekt haben, dass unsere Hunde selbst in so einer Duft-Disco eine aufgenommene Spur verfolgen können – trotz Geruchs-Cocktails, Aroma-Stroboskopen, Stinke-Spots und verlockender Odor-Orgel.
 
Gemeinsam mit unterschiedlichen Sinnen die Welt erkunden...
 
Dennoch finde ich, kann der Odorisations-Blick es fast mit dem Röntgen­blick aufnehmen. Vor allem im Zusammenspiel mit dem Lesen der ­Körpersprache. Nicht selten erkenne ich an den Körper­signalen von Rico, dass uns um die Ecke ein anderer Hund entgegen kommt. Auf jeden Fall hilft er mir vorausschauend schon das ein oder andere Interessante für meinen Hund zu erkennen. Aber auf jeden Fall hilft es mir auch, mich mehr in ihn hinein zu versetzen und ihn zu verstehen. Dafür nehme ich dann auch in Kauf, dass ich über die ein oder andere Wurzel ­stolpere, weil mein Odorisations-Blick wieder in weite Ferne schweift und ich nicht erkenne, was vor meinen Füßen liegt.
 
PS: Falls Sie es selber ausprobieren wollen, wundern Sie sich nicht über die Passanten, die Sie dann anstarren – es liegt an Ihrem glasigen Blick …
 
 
Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 12/2017; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Im Riechen sind Hunde den Menschen mehr als eine Nasenlänge voraus


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Mittwoch, 16. Dezember 2020

Über unseriösen Tierschutz und wie ihr das erkennen könnt

Tierschutz ist nicht gleich Tierschutz!

Immer wieder flimmern irgendwelche Spendenaufrufe von Tierschutzvereinen über den Bildschirm - vor allem vor Weihnachten. Meist hoch emotionalisiert, mit teilweise schockierenden Bildern. In der Tat gibt es viele Tiere, die Hilfe brauchen und die Vereine sind auf Spenden angewiesen. Aber leider gibt es auch viele Schwarze Schafe, die die Tierliebe ausnutzen, um die eigenen Taschen zu füllen. Doch wie erkennt ihr die seriösen und trennt sie von den unseriösen Tierschützern?

 

Das Döggelchen Rico stammt aus dem Tierschutz: Er war eine Beschlagnahmung durch den Amtsveterinär, weil er seine ersten 11 Lebenswochen nur in einem völlig verdreckten Keller verbrachte...
 

Gemeinnützigkeit statt Gewinnabsicht

Da wäre zunächst die Gemeinnützigkeit. Die kann ein Verein beantragen und wenn er gewisse Bedingungen erfüllt, bekommt er die zugesprochen. Ist für Vereine eine tolle Sache, denn dadurch sparen sie Steuern - dürfen aber auch keine Gewinne erwirtschaften. Ist ja auch logisch: Bei einer Gewinnorientierung handelt es sich um ein Unternehmen. Dabei ist das Kürzel "e.V." kein "Gütesiegel", denn es bedeutet nur, dass es eben ein eingetragener Verein ist, eine Gemeinnützigkeit ist damit nicht automatisch gegeben. 

Hier mal ein "skurriles" Beispiel: Ein Tierschutzverein, der auf Facebook sehr umtriebig ist, ruft immer wieder zu Spenden auf. Angeblich für Tierschutzprojekte in Osteuropa. Immer wieder werden herzzerreißende Fotos gepostet und der "Erfolg" mit Fotos angezeigt. Doch schaut man sich diese Fotos mal genauer an, fällt etwas auf: Oft wird nur eine Bretterwand an anderer Stelle aufgestellt oder ein Metallzaun verschoben, damit es anders aussieht als die zuvor geposteten Fotos. Offenbar fiel dem Finanzamt anhand der Rechenschaftsberichte irgendwas auf, so dass sie diesem Verein dann die Gemeinnützigkeit aberkannten. Und was macht der Verein? Obwohl er die Steuervorteile verloren hat (und somit das Geld weniger den Tieren zu Gute kommt), lässt er sich von seinen "Jüngern" feiern, weil man ja jetzt mit weniger Auflagen den Tieren helfen könnte. Ja ne, ist klar...also wer auf den platten PR-Trickversuch hereinfällt, lässt sich wohl jeden Bären aufbinden.

Transparenz schafft Vertrauen

Sie ist ein starkes Indiz für die Seriosität des Tierschutzvereins: Transparenz. Da es sich ja um einen Verein handelt und nicht um eine Privatperson, zieht das Argument der "Privatsphäre" nicht - es sei denn, man will was verheimlichen. Hier solltet ihr euch mal die Satzung anschauen, denn da steht schon mal grob drin, was der Verein macht und wofür die Gelder ausgegeben werden sollen. Noch konkreter ist der Rechenschaftsbericht, denn er zeigt wohin die Gelder im jeweiligen Jahr tatsächlich geflossen ist (den müssen Vereine erstellen, damit sie die Gemeinnützigkeit beibehalten können) - der Vorstand legt damit vor seinen Mitgliedern Rechenschaft ab. Beides müssen sie aber ihren Mitgliedern zukommen lassen (und wenn es Änderungen gibt, dann müssen sie ihre Mitgleider darüber informieren). Die meisten seriösen Vereine veröffentlichen daher Satzung und Rechenschaftsbericht auf ihren Webseiten. Sie sind dazu gesetzlich nicht verpflichtet, aber das bietet für sie viele Vorteile: Weniger Papierverbrauch und Portokosten, weniger Organisation etc. Und diesen Vereinen ist halt auch bewusst, dass sie mit Transparenz eben Vertrauen schaffen.

So sehen das auch unsere Leser: Bei einer Umfrage gaben 99% an, dass mangelnde Transparenz sie stutzig, ja misstrauisch macht.

Eure Meinung ist gefragt! #Transparenz schafft Vertrauen: So mancher #Tierschutzverein macht aus seiner Satzung ein...

Gepostet von Gassireport am Donnerstag, 7. November 2019

Doch auch bei solchen Vereinen, die weder Satzung, noch Rechenschaftsbericht veröffentlichen, könnt ihr sie einsehen, denn Vereine sind verpflichtet sie bei den zuständigen Behörden einzureichen: Im Vereinsregister (leider aber nicht kostenlos, aber es ist auch nicht sehr teuer).

"Verschleierungstechniken" von Tierschützern

Auch hier gibt es prominente Beipsiele: So existiert ein Tierschutzverein, der weder Satzung, noch Rechenschaftsberichte veröffentlicht - ja mehr noch: Denn sie haben gar keine Webseite. Das alleine ist schon seltsam, denn ein Verein hat ja ein berechtigtes Interesse daran, möglichst viele Leute zu erreichen. ja mehr noch, es ist eine der Kernaufgaben von Vereinen, Öffentlichkeit herzustellen. Warum also versteken. Als ich dann weiter recherchierte erfuhr ich so einiges: So schließen Mitglieder mit ihrem Beitritt einen Vertrag mit einer Versicherung. Nur so zur Info: Versicherungen zahlen für so eine Vermittlung so genannte Kick-backs, also Provisionen. 

Diese Intransparenz vergraulte auch die aus dem TV bekannte Schirmherrin. Mir liegt eine E-Mail vor, indem sie die fehlende Transparenz als Trennungsgrund angab. Gerüchten zu Folge, soll bei ihr wegen des Tierschutzvereins auch schon mal das Finanzamt geklingelt haben. Mehrere Leute berichteten mir beispielsweise, dass ein Grundstück zu Trainingszwecken für die Suchhunde angeschafft wurde. Nur lag dieses Grundstück geografisch so ungünstig gelegen, dass außer der Vereinsführenung keiner was davon hat.

In dem Zusammenhang stieß ich dann auf weitere "skurrile" Fälle. So sammelte eine in der Szene prominente Hundetrainerin regelmäßig Spenden für ihre Tierschutzprojekte im Ausland. Dabei erweckte sie den Eindruck, dass es sich um Vereine handelt. Doch dem war nicht so, es waren einfach nur Spendenaktionen - und sie liefen über das Konto des oben beschriebenen Tierschutzverein, der nicht mal eine Webseite hat. Das muss nicht, aber kann sehr geeignet sein, um zu verschleiern, wohin die Gelder dann tatsächlich fließen und wofür sie ausgegeben werden. Offenbar ist man aber irgendwann wohl vorsichtig geworden (vielleicht durch meine Recherchen aufgeschreckt?) und hat dann doch einen eigenen Verein gegründet - der hat sogar eine Webseite, aber Satzung und Rechenschaftsbericht sucht man da vergeblich (obwohl zur Gründung des Vereins bei Anfragen das in Aussicht gestellt wurde). Meine persönliche Meinung: Vertrauen schafft man anders!

Tja, Tierschutz ist eben nicht gleich Tierschutz. So mancher will nur Geld machen und nutzt dafür die Tierliebe aus. Selbstverständlich bedeutet eine solche mangeldne Transparenz nicht zwangsweise, dass etwas unseriös ist. Aber es macht doch stutzig, wenn solche Konstruktionen gewählt werden und man muss sich fragen: Was wollen die verbergen? und warum?

 

Auch Leon ist ein Tierschutzhund: Da man seine schwangere Mutter auf einer Müllhalde fand, wurde er in einem Tierheim geboren und verbrachte dort seine ersten Lebenswochen...
 

Tierschutz ist wichtig! Denn diese armen Tiere brauchen unsere Hilfe und unseren Schutz. Ich selber habe so eine irrationale Dankbarkeit für den Tierschutz: Klar, verdanke ich ihnen doch so gut wie alle meine Hunde. Aber genau deswegen finde ich es um so wichtiger, die seriösen von den unseriösen Tierschützern zu trennen - damit die Hilfe wirklich den Tieren zu Gute kommt und nicht der Geldbörse oder Urlaubskasse irgendwelche Möchtegern-Tierschützer, die sich nur profilieren wollen.

Ein letzter Tipp: 

Schlagt doch den Tierschützern Sachspenden vor. Wenn die dann schon abwinken und lieber Geld wollen, solltet ihr misstrauisch werden und euch über den Verein und die dahinter stehenden Personen informieren BEVOR ihr was spendet. Damit eure Hilfe auch wirklich bei denen ankommt, die sie wirklich brauchen: den Tieren.

 

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